So erleben Sie Polarlichter in Deutschland

Derzeit kann man selbst hierzulande Polarlichter beobachten – das ist nur etwa alle elf Jahre der Fall. DB MOBIL hat eine Astronomin gefragt, wie, wann und wo das am besten gelingt

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Datum: 11.01.2024
Lesezeit: 5 Minuten
Mensch beobachtet Polarlichter am Nachthimmel in Brandenburg
© Patrick Pleul/Picture Alliance
Wer Polarlichter sehen möchte, sollte möglichst raus aus der Stadt fahren – wie hier in Brandenburg nahe der Gemeinde Lietzen

Wenn die Sonne stürmt, entstehen auf der Erde Polarlichter in grün, rot und violett. Tanzend oder als Schleier verfärben sie den Nachthimmel. Um sie zu sehen, muss man normalerweise weit Richtung Süd- oder Nordpol reisen, beispielsweise nach Norwegen, Finnland, Schweden, Island.

Doch da die Sonne momentan besonders stark stürmt, sind selbst in Deutschland die Chancen gut, das Naturspektakel am Himmel zu sehen. Jetzt, zwischen 2024 und 2026, wird der nächste Höhepunkt erwartet. 

„Manche Polarlichter sind in Deutschland so hell und glühend rot zu sehen, dass man den Eindruck hat, der Himmel würde brennen“, sagt die Astronomin Carolin Liefke. Sie ist stellvertretende Leiterin des Hauses der Astronomie in Heidelberg, eines astronomischen Bildungszentrums, und im Vorstand der Vereinigung der Sternfreunde, des größten überregionalen astronomischen Vereins hierzulande.

© Jan Eifert/Picture Alliance
Nachtausflug der besonderen Art: mit Blick auf die Polarlichter, hier nördlich der Stadt Oberursel in Hessen

In manchen Nächten geht Liefke einfach vor ihre Haustür in Heidelberg, erzählt sie. Dann könne sie von dort die roten Polarlichter beobachten. In anderen Nächten fährt sie hinaus aufs Land, wo es dunkler ist und man die Lichter somit besser erkennt. Denn: „Manche Polarlichter sind so schwach, dass man nur einen blassen Schimmer sieht. In den Lichtern von Städten und auch Kleinstädten ist der dann nicht mehr zu erkennen.“

Wann und wo Polarlichter in Deutschland zu sehen sind, lasse sich erst etwa zwei Tage im Voraus vorhersagen, und auch dann nie zuverlässig. Grund dafür sei die komplexe Entstehung. 

© Picture Alliance
Als würde der Himmel glühen: Polarlichter in der Nähe von Zwickau in Sachsen

Wie entstehen Polarlichter?

Die Sonne sendet nicht nur Strahlung und Wärme aus, sondern stets auch kleine, elektrisch geladene Teile. Das nennt sich Sonnenwind. Wenn diese Partikel aus der Sonne auf die Erde treffen, entstehen Polarlichter. 

Auf ihrem Weg zur Erde erreichen die Partikel dabei zuerst das Erdmagnetfeld, das sie weiter zum Nord- oder Südpol leitet. Dort kollidieren sie mit den Atomen der Erdatmosphäre. Dadurch werden die geladenen Teilchen zum Leuchten in verschiedenen Farben angeregt. 

Momentan verliert die Sonne besonders viele und stark geladene Partikel – es ist ein Sonnensturm. Und je mehr Materie die Sonne in Richtung Erde schleudert, desto höher sind die Chancen, Polarlichter auch in Deutschland zu sehen. Durch mehr Partikel leuchten die Polarlichter nämlich intensiver, was dazu führt, dass man sie bis nach Mitteleuropa sehen kann. 

Doch nicht immer, wenn die Sonne viel Materie verliert, gelangt diese auch zur Erde, erklärt Astronomin Liefke. Und manchmal sehe man sie nur auf der Südhalbkugel, nicht aber auf der Nordhalbkugel. Sie sagt: „Polarlichter sind unberechenbar.“

© Mauritius Images/Sebastian Almes
In der Regel gehen Polarlichter in den künstlichen Lichtern einer Stadt unter – falls sie sehr stark sind, kann man sie aber mit Glück selbst von dort erkennen, etwa auf diesem Bild über den Dächern Lübecks

Wo man Polarlichter in Deutschland besonders gut sehen kann

Grundsätzlich, so Liefke, sind die Chancen in Norddeutschland besser als im Süden, da man dort näher am Nordpol ist. Manchmal reicht die Sicht aber auch bis in die südlich gelegenen Teile Deutschlands. 

Dann gilt es, sich am besten erstens einen Platz weit weg von künstlichem Licht zu suchen, wie Straßenlaternen. Man sollte also möglichst raus aus der Stadt und in ländliche Regionen fahren. 

Zweitens sollte der Blick frei und weit sein, und natürlich in Richtung Norden. Das ist zum Beispiel auf Hügeln und Bergen, an vielen Seen oder am Meer der Fall. 

Und schließlich muss auch das Wetter passend sein, erklärt Liefke. „Polarlichter spielen sich in etwa 100 Kilometern Höhe über uns ab, daher brauchen wir einen wolkenfreien Himmel oder zumindest zeitweise eine Wolkenlücke, um sie überhaupt sehen zu können.“

Da es im Winter dunkler ist, kann man zu dieser Jahreszeit besser die Polarlichter erkennen als im Sommer. Die Uhrzeit sollte zudem möglichst mindestens eine Stunde nach Sonnenuntergang oder höchstens eine Stunde vor Sonnenaufgang sein, da zwischen diesen Zeitpunkten der Himmel wirklich dunkel ist.

Geduld mitbringen – und eine Kamera

So wie auf vielen Fotos sehen Polarlichter meistens nur aus, wenn die Sonne gerade sehr aktiv ist. Ansonsten sind sie mit bloßem Auge schwächer zu erkennen. Mit einer Kamera mit Langzeitbelichtung könnte man sie aber auch dann einfangen. 

Während wir Menschen mit den Augen nämlich nur die Lichter eines Moments bemerken, sammelt eine Kamera sie über mehrere Sekunden und legt sie sozusagen übereinander. Dadurch wirken Fotos von Polarlichtern besonders eindrucksvoll. Wer es selbst ausprobieren möchte: am besten ein Stativ verwenden. Und auch bei einer Handykamera die Langzeitbelichtung einstellen. 

Wenn man sich unsicher ist, ob man wirklich Polarlichter oder nicht doch andere Lichter am Himmel sieht, könne eine Fotoaufnahme als Test helfen, empfiehlt Liefke: „Man kann dann ein Handy beispielsweise mal auf die Fensterbank stellen und es so lange belichten lassen, wie das Handy es kann. Wenn die Aufnahme leuchtend rot ist, weiß man, dass es Polarlichter sind.“

© Markus Hibbeler/Picture Alliance
In Norddeutschland kann man tendenziell am besten Polarlichter beobachten – und sie mit einer Kamera besonders farbenprächtig einfangen. Im Bild ist der Strand von Schillig im Kreis Friesland

Verschiedene Webseiten im Internet informieren darüber, wie hoch die Chancen sind, Polarlichter zu sehen. Zum Beispiel gibt polarlicht-vorhersage.de die aktuelle Polarlicht-Wahrscheinlichkeit an. 

Wer sich tiefergehend für das Thema interessiert, dem oder der rät Liefke, bei Sternwarten in der Region vorbeizuschauen. Oft können diese zum Beispiel Tipps geben, wo in der Gegend geeignete Orte zur Beobachtung von Polarlichtern sind. Manche versenden zudem Mailinglisten, durch die man automatisch alarmiert wird, wenn die Chancen für Polarlichter in der Gegend gut stehen. „Das alles Entscheidende bei Polarlichtern ist“, sagt Liefke, „dass man ein bisschen Geduld mitbringt und sich auf die Lauer legt.“

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