Hoch hinauf ins grüne Paradies

In Höhen von bis zu 40 Metern bringen sie uns den Zauber des Waldes näher – und tragen dazu bei, die schützenswerte Natur mit anderen Augen zu sehen. DB MOBIIL stellt die schönsten Baumwipfelpfade vor

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Datum: 18.08.2023
Lesezeit: 10 Minuten
Holzplanken-Stege, die über mehrere Ebenen hinauf zu einer Aussichtsplattform führen
© Mauritius Images/Daniel Schoenen
Und noch eine Runde: In sanftem Anstieg führt der Baumwipfelpfad Schwarzwald in Bad Wildbad zur Aussichtsplattform in 40 Metern Höhe

Den Bäumen aufs Dach steigen, das hat was. Von oben sieht man den Wald mit anderen Augen. Die Blätter in greifbarer Nähe, Gezwitscher um einen herum, und dieses luftige Gefühl der Freiheit. Baumwipfelpfade sind faszinierende Brücken in die Natur. Manche bilden ein Netz aus hölzernen Stegen, andere winden sich spiralförmig in den Himmel bis zu einer Aussichtsplattform. Und alle haben eines gemeinsam: Die spektakulären Pfade bringen uns der Natur sehr nahe.

Der Blick von oben ist auch ein Blick auf die Krone der Schöpfung, davon ist Meg Lowman, die Pionierin der Baumkronenforschung, überzeugt. Für ihr Buch „Der unentdeckte Kontinent“ bereiste die US-Wissenschaftlerin 46 Länder und fand heraus, dass die Hälfte aller Spezies der Welt in Baumkronen leben. Sie entwickelte Skywalks in luftiger Höhe zur Erkundung der Terra incognita. Längst dienen die Himmelspfade nicht allein wissenschaftlichen Zwecken, sie haben auch einen gesellschaftlichen und ökologischen Aspekt. Als Lehrpfade bieten sie uns die Möglichkeit, die Natur besser kennenzulernen und ein Bewusstsein für die Artenvielfalt zu entwickeln.

2009 entstand der erste deutsche Baumwipfelpfad in Neuschönau im Bayerischen Wald. Mittlerweile sind es etwa 20 Anlagen zwischen Rügen und den Alpen, und fast jedes Jahr kommen neue hinzu. Denn die faszinierenden Pfade sind zugleich touristische Hotspots für Familien, die neben Lehrstationen auch Rutschen und Klettergärten mit dem Himmelsspaziergang verbinden können.

DB MOBIL zeigt eine Auswahl schöner Baumwipfelpfade, für die es sich lohnt, auch mal eine längere Anreise mit Bahn und Bus einzuplanen. Die Tickets kann man oftmals vorab auf den Webseiten kaufen.

© Mauritius Images/Hans-Peter Merten
Spieglein, Spieglein: Die Form des Aussichtsturms im Naturpark Saar-Hunsrück ist eine Antwort auf die Saarschleife bei Mettlach

Saarschleife: Schöner geht’s nicht

Wo die Natur zur Hochform aufläuft, baute man eine Art Himmelsleiter in den Wald, um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen. Denn von keinem anderen Ort aus wirkt die Schleife der Saar bei Mettlach so imposant wie vom Aussichtsturm des Naturparks Saar-Hunsrück. Dabei ist die Konstruktion selbst schon ein Hingucker: Das Bauwerk wurde als Spiegelbild zum Flussverlauf in Form eines Halbkreises entworfen. Dorthin führt ein 1250 Meter langer Holzpfad, der zunächst auf einer Höhe von 23 Metern an Buchen, Eichen und Douglasien vorbeiführt, bevor er sich am Ende zum 42 Meter hohen Aussichtsturm hinaufschraubt. In Führungen („Von den Wurzeln bis zu den Wipfeln“) können sich Besucher:innen über die Waldwildnis und die Baumkronen informieren. Ein Gelände in unmittelbarer Nähe bietet Spiel- und Lernstationen sowie eine Seilbahn und verschiedene Klettergeräte.

Naturpark Saar-Hunsrück, Cloef-Atrium, 66693 Mettlach

Nächstgelegener Bahnhof: Merzig, von dort mit der Buslinie 250 bis Haltestelle Cloef Orscholz/Mettlach, danach noch fünf Minuten zu Fuß bis zum Eingang.

© Imago Images/Dieter Mendzigall
Baumkreisel: Der Steg des Aussichtsturms im Naturerbe Zentrum Rügen windet sich um eine 34 Meter hohe Buche

Rügen: Hoch im Norden

Auf dem nördlichsten Baumwipfelpfad Deutschlands geht es hoch hinaus: 82 Meter über dem Meeresspiegel thront der Aussichtsturm des Naturerbe Zentrums Rügen, und das ist nicht die einzige Besonderheit. Der 40 Meter hohe Turm auf einem 42 Meter hohen Hügel hat die Gestalt eines überdimensionalen Vogelnestes, weshalb er zurecht den Namen „Adlerhorst“ trägt. Im Innern führt ein 600 Meter langer Weg Runde für Runde hinauf zur Plattform. Dabei hat man die Natur stets in Sichtweite, denn der Steg umkreist im sanften Anstieg eine 80 Jahre alte und 34 Meter hohe Buche. Rund zehn Meter über dem Wipfel eröffnet sich dann ein berauschender 360-Grad-Blick über Rügen, den Jasmunder Bodden und die Kreideküste von Sassnitz. Der Turm steht im Zentrum eines insgesamt 1250 Meter langen, barrierefreien Pfades, der durch einen Buchenmischwald führt. Besonderes Highlight ist die Waldolympiade. Dabei können sich Kinder und Familien in den Disziplinen Weitwurf, Zapfenlauf und Dufttest messen.

Baumwipfelpfad im Naturerbe-Zentrum Rügen, Forsthaus Prora 1, 18609 Binz

Nächstgelegener Bahnhof: Mit der Bahn bis Prora, ab dort etwa 18 Minuten Fußweg zum Naturerbe Zentrum Rügen.

Scheidegg: Rutsch runter 

Vielleicht hört man ganz in der Nähe einen Specht klopfen. Oder sieht ein Eichhörnchen? Die Blätter der Bäume jedenfalls sind zum Greifen nah, wenn man dem Skywalk Allgäu auf einer Länge von 540 Metern folgt. Die Hängebrückenkonstruktion auf einer Höhe von 1000 Meter über N.N. wird von Stahlmasten getragen und führt mitten durch den Wald und einen weitläufigen Naturerlebnispark. Oben angekommen, 40 Meter über dem Waldboden, eicht der Blick bei schönem Wetter bis zum Bodensee und den Alpengipfeln. Wer genug Abenteuergeist mitbringt, nimmt den Abstieg über Wackelbrücken oder eine Röhrenrutsche. Am Boden warten Wandererlebnispfade mit Wildtierbeobachtung und einer Duftstation sowie ein Geschicklichkeitsparcours und ein Barfußpfad.

Skywalk Allgäu, Oberschwenden 25, 88175 Scheidegg

Nächstgelegener Bahnhof: Lindau, von dort mit den Landbus 10 bis Hörbranz, dort Umstieg in den Landbus 12 bis Möggers (Fahrtzeit 35 Minuten), dann sind es etwa 20 Minuten zu Fuß bis zum Skywalk.
 

© Mauritius Images/Ralf-Udo Thiele
Großes Waldkino: Der Baumwipfelpfad in Neuschönau mit seinem ovalen Aussichtsturm durchquert den Wald auf einer Länge von 1,3 Kilometern

Neuschönau: Der mit dem Ei

Im Bayerischen Wald nahm der Trend seinen Anfang. Hier öffnete 2009 der erste deutsche Baumwipfelpfad, der als Vorbild für viele Nachfolgebauten diente. Mit 1,3 Kilometern ist er einer der längsten der Welt, massive Holzwege und Hängebrücken führen vorbei an Kiefern, Lärchen und Rotbuchen bis zu einem Aussichtsturm, der sich wie ein Riesenei aus der Natur herausschält. Die 44 Meter hohe Konstruktion im Nationalpark Bayerischer Wald umrahmt eine Gruppe uralter Tannen und Buchen. Auf dem Weg dorthin zeigt sie mit jeder Runde einen neuen Blickwinkel auf die Baumgruppen des Urwalds. Auf einer Waldinsel können sich Besucher:innen in 20 Metern Höhe auf ein Hängegitter legen und in die Tiefe blicken. Neben Seilbrücken, Wackelbrücken und Balancierbalken wartet auf Kinder und Jugendliche eine Comic-Rallye. Dabei gilt es, Fragen entlang des Baumwipfelpfades mithilfe von Comic-Tafeln zu beantworten.

Baumwipfelpfad Bayerischer Wald, Böhmstraße 43, 94556 Neuschönau

Nächstgelegener Bahnhof: Passau, von dort per Bus (100) bis Grafenau und mit der Buslinie 602 weiter bis ins Nationalparkzentrum Lusen, Neuschönau (Fahrtzeit etwa zwei Stunden).

Hoherodskopf: Wipfel-Stürmer

2012 eröffnete im Naturpark Hoher Vogelsberg Europas erster Baumkronenpfad mit Hängebrücken und brachte damit neuen Schwung in die Konstruktionspläne künftiger Freizeitanlagen. Das Naturerlebnis ist dort, in Mittelhessen, eng verknüpft mit dem Gleichgewichtssinn, der auf schwankenden Planken über 600 Metern immer wieder mal auf die Probe gestellt wird. Die Holz-Stahlkonstruktion führt Besucher:innen nicht über die Baumkronen hinweg, sondern lotst sie auf einer Höhe von maximal 15 Metern Höhe von Wipfel zu Wipfel. Die längste Hängebrücke misst 50 Meter, bei gutem Wetter bieten die Aussichtsplattformen einen Blick bis zur Skyline von Frankfurt am Main. Bis zum Herbst werden auch regelmäßig Vollmondwanderungen angeboten.

Baumkronenpfad Hoherodskopf, Am Hoherodskopf 9, 63679 Schotten/Hoherodskopf

Nächstgelegener Bahnhof: Wächtersbach, von dort fahren die Vulkan-Express-Buslinien (an Samstagen, Sonn- und Feiertagen von 1. Mai bis 31. Oktober) direkt bis Hoherodskopf (Fahrzeit circa 1,2 Std.), alternativ bis Passau, und mit örtlichen Buslinien bis Haltestelle “Nationalpark-Zentrum Lusen”.

© Mauritius Images/Manuel Kamuf
Panorama-Tour: Der Baumkronenweg im Allgäu verbindet Bayern und Tirol und bietet schöne Ausblicke auf Lech und Alpen

Ziegelwies: Luft-Brücke im Allgäu

Was für ein Bild: Unter einem das türkisfarbene Wasser des wilden Flusses Lech, dahinter die aufragenden Hänge der Allgäuer Alpen – auf dem Baumkronenweg im Walderlebniszentrum Ziegelwies bei Füssen glaubt man über der Erde zu schweben. Dort erreicht man die Vogelperspektive auf 21 Meter, während der Höhenweg zwei Länder miteinander verbindet. Auf der Holzbrücke sind zwei Lärchenbretter mit den Flaggen Bayerns (weiß-blau) und Tirols (rot-weiß) markiert.  Neben dem Höhenweg informieren Schautafeln entlang eines Auenwaldpfades (1,5 Kilometer) und des Bergwaldpfades (1,8 Kilometer) über Flora und Fauna der Umgebung. Empfehlenswert ist eine Wanderung zum Lechfall und dem „Pfad der Sinne“ in Bad Faulenbach mit einem Moor- und Barfußpfad. Ein weiterer Tipp ist die Route unter dem Namen Geogrenzgänger, ein 16 Kilometer langer Rundweg über Schwangau und Ziegelwies bis nach Pinswang in Tirol.

Walderlebniszentrum Ziegelwies, Tiroler Straße 10, 87629 Füssen  

Nächstgelegener Bahnhof: Füssen, von dort sind es 20 bis 30 Minuten zu Fuß. Oder per Linienbus 100 Richtung Reutte in Tirol bis zum Stopp Ziegelwies. Von der Bushaltestelle sind es noch 100 Meter bis zum Walderlebniszentrum.

Bad Iburg: App durch den Wald

Wo der niedersächsische Kurort Bad Iburg in die Höhenzüge des Teutoburger Waldes übergeht, wurde 2018 ein rund 600 Meter langer Baumwipfelpfad eröffnet. Er ist Teil eines Waldkurpfades, der vor allem durch Laubbäume geprägt ist, manche davon sind 250 Jahre alt. Wegen des Höhlenreichtums der Gegend bietet der Wald dort Lebensraum für verschiedene Fledermausarten. Die Stege in einer Höhe von 32 Metern sind verbunden durch Türme, die in ihrer Bauweise großen Vogelnestern gleichen. Dort stößt man auf Informationen zur Natur und Geologie des Waldgebiets, das zum UNESCO-geschützten Geopark Terravita gehört. Ein Ausstellungspavillon gibt Einblick in die Geschichte des Teutoburger Waldes. Mithilfe einer App können Besucher:innen das Erlebnis Wald zusätzlich vertiefen, in dem sie über eine erweiterte Realität auf dem Display den Tieren des Waldes, Pflanzen und Pilzen begegnen. Dazu können Wissens- und Bewegungsspiele abgerufen werden.

Baumwipfelpfad Bad Iburg, Philipp-Sigismund-Allee 4, 49186 Bad Iburg

Nächstgelegener Bahnhof: Osnabrück, von dort sind es mit den Buslinien 465/466 ca. 40 Minuten bis nach Charlottensee, Bad Iburg, danach circa fünf Minuten zu Fuß bis zum Baumwipfelpfad.
 

© Imago Images
Nervenkitzel inklusive: Am Ende der Aussichtsplattform in Heringsdorf wartet ein begehbares Netz auf die Besucher:innen

Heringsdorf: mit Netz, ohne doppelten Boden

Der quadratische Aussichtsturm erinnert an die ehemalige Besucherattraktion Bismarckwarte, die sich von 1907 bis 1946 an diesem Ort befand. Mit 33 Metern bildet der Turm des Baumwipfelpfads Heringsdorf den höchsten Punkt auf der Insel Usedom, insgesamt liegt er 75 Meter über dem Meeresspiegel. Über eine Treppe (wahlweise per Aufzug) geht es in sanfter Steigung hinauf auf einem hölzernen Pfad durch die Baumkronen, bestückt mit zahlreichen Lernstationen, die Wissen über die Insel Usedom und die heimische Tier- und Pflanzenwelt vermitteln. Oben angekommen, kann man bei gutem Wetter den Blick bis auf die Kaiserbäder Heringsdorf, Ahlbeck und Swinemünde in Polen schweifen lassen. Nervenkitzel verspricht die oberste Plattform, auf der ein 50 Quadratmeter großes, begehbares Netz gespannt ist. Der gesamte Pfad erstreckt sich über 1350 Meter auf einer Höhe von bis zu 23 Metern.

Baumwipfelpfad Usedom, Am Bahnhof 12, 17424 Ostseebad Heringsdorf

Nächstgelegener Bahnhof: Vom Bahnhof Seebad Heringsdorf sind es nur wenige Gehminuten bis Baumwipfelpfad.

Bad Wildbad: 55 Meter Tunnelblick

Bis zu 20 Meter über dem Boden verläuft der Pfad auf dem Sommerberg im Schwarzwald, der nach 1250 Metern in einen 40 Meter hohen Aussichtsturm übergeht. Er gleicht einem großen Becher, der nach oben hin breiter wird. Die geneigten und verdrehten Streben des Turmes sorgen für eine optische Täuschung – er wirkt schief. Auf der Aussichtsplattform reicht der Blick bis zu den Bergkuppen des nördlichen Schwarzwaldes. Das besondere Highlight für Kinder und Jugendliche ist eine 55 Meter lange Tunnelrutsche. Zum Gelände gehören zudem ein Waldspielplatz mit 25 Spiel- und Lernstationen sowie eine Hängebrücke, die 380 Meter lang und 60 Meter hoch ist.

Baumwipfelpfad Schwarzwald, Peter-Liebig-Weg 16 - Sommerberg, 75323 Bad Wildbad

Nächstgelegener Bahnhof: Vom Bahnhof Pforzheim per S-Bahn nach Bad Wildbad (Fahrzeit 31 Minuten), von dort circa zwei Kilometer zu Fuß.

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