Backstein und Barock: Strohhutmanufaktur in Dresden

Zwischen Dresdner Innenstadt und Erzgebirge liegt die ehemalige Manufaktur, deren Betreiber:innen zeigen, wie man Stroh in Gold verwandelt

Von:
Datum: 15.03.2023
Lesezeit: 4 Minuten
Apartment „August“ in der Strohhutmanufaktur Dresden
© Strohhutmanufaktur
Jedes Apartment in der Strohhutmanufaktur ist nach einer sächsischen Adelsfigur benannt, hier: August

Carola Fischer, rote Haare, eine Strähne zu einem Zopf geflochten, sitzt in einem Korbstuhl und macht den Eindruck, sie wäre nirgends lieber auf der Welt. Ein grüner Hinterhof abseits einer viel befahrenen Straße, umgeben von pastellgrün getünchten Gebäudeflügeln, Gänseblümchen sprießen. Bei einer Tasse Kaffee erzählt sie: „Was war das eine Bruchbude!“

Stroh zu Gold, das ist ihre Geschichte. Vor dem Ersten Weltkrieg sollen in Sachsen etwa 100 Manufakturen Strohhüte geflochten haben. Als die industrielle Massenproduktion einsetzte, gingen viele kleine Betriebe pleite – auch dieser im Stadtteil Lockwitz im Dresdner Süden. Das zweistöckige Hintergebäude wurde als Wohnraum genutzt, zuletzt in der DDR. „Eng und zugig war das“, sagt Fischer.

© Strohhutmanufaktur
Innenhof der Strohhutmanufaktur: Gänseblümchenwiese und Kaffeetischchen

Als sie und ihr Mann Maik 2007 nach einem Haus für sich und die beiden Söhne suchten, stießen sie auf eine renovierungsbedürftige Villa mit einem abrissreifen Anbau. In Handarbeit machten sie den Vorderbau bewohnbar, und nach Jahren der Plackerei gönnten sie sich wieder Motorradurlaube durch Europa. Sie mochten: Unterkünfte mit persönlicher Note, geschmackvoll eingerichtet. Sie mochten nicht: Ferienwohnungen, in denen sich Durchreisende nicht mal ein Spiegelei oder eine Pasta kochen konnten, weil es an Öl und Salz mangelte. Nun hatten sie einen Plan fürs Hinterhaus.

Die drei Ferienwohnungen tauften sie nach Figuren der sächsischen Adelsgeschichte. „Sophie“, Prinzessin. „Cosel“, Mätresse von August dem Starken. Und ebendieser: „August“. Jede Wohnung ist eine Komposition aus drei Zutaten. Erstens: Dresden-typischer Barock, ausgedrückt in plüschigen Sesseln, geblümten Zierkissen, Kerzenhaltern und Spiegeln. Zweitens: Manufakturstil, also nackte Backsteinwände, großflächige Industriefenster als Raumteiler. Und drittens: stets eine Prise Carola Fischer, in Form von Flohmarktbüchern, Strohhüten – den Aufschnittteller zum Frühstück hat sie mit Blüten dekoriert. Alle Vorräte in Kühlschrank und Küchenzeile, darunter natürlich Kaffee, Öl und Salz, alles hat sie in Glasbehältnisse abgefüllt, um Plastikmüll zu vermeiden. Und einfach, weil’s hübscher aussieht.

© Strohhutmanufaktur
Gegensätze: gülden glänzendes Dresdner Barock trifft auf rohen Manufaktur-Chic

Im Übrigen kann man besser kaum wohnen, wenn man Dresden und das Elbtal per Fahrrad erkunden möchte. In der Garage ihrer Strohhutmanufaktur halten die Fischers auch Leihfahrräder bereit.

Strohhutmanufaktur, Dohnaer Straße 223, 01257 Dresden, Preis ab 95 Euro (ab drei Nächten gibt es einen Rabatt)

Nächstgelegener Bahnhof: Dresden S-Bahnhof Niedersedlitz, von dort mit dem Bus bis „Dresden Altlockwitz“

Schreiben Sie uns!

Der Artikel hat Ihnen gefallen, Sie haben eine Frage an die Autorin/den Autor, Kritik oder eine Idee, worüber wir einmal berichten sollten? Wir freuen uns über Ihre Nachricht.