Im Namen der Kletterrose

Der Klostergarten in Seligenstadt: Beete und Gebete – An diesem Ort blüht das Mittelalter auf

Von:
Lesezeit: 4 Minuten
imago/imagebroker

Brennnesseltee für gesundes Blut, Wermutkraut für Leber und Galle, duftendes Mädesüß als pflanzliches Antibiotikum: Im Garten der ehemaligen Benediktinerabtei in Seligenstadt gedeiht noch heute, was die Klostermedizin hinter den Mauern aus rotem Sandstein schon im Mittelalter hergab. Gern würde man behaupten: seitdem. Doch das im 9. Jahrhundert errichtete und im Barock umgebaute Kloster wurde vor 200 Jahren aufgegeben, es verfiel mitsamt seiner weitläufigen Grünanlage. Inzwischen aber wurde das Gelände restauriert und neu bepflanzt. Das Ergebnis ist so sehenswert, dass am Wochenende zwischen den Beeten kaum ein Durchkommen ist. Lieber während der Woche vom Uferweg am Main durch ein Tor in der von Kletterrosen berankten Mauer eintreten. Oder durch den Klosterhof gehen und die Stille genießen, die sanft über allem liegt. Im Durchgang zum Garten steht häufig ein Leiterwagen mit frischen Kräutern und Gemüse, die Besucher gegen eine milde Gabe mitnehmen können. Wer noch das Kloster selbst besichtigt, ahnt in der Küche mit ihrer gewaltigen Esse, in welcher Hitze hier einst die Ernte aus dem Garten verarbeitet wurde.

Kloster und Konventgarten … und noch viel mehr: Gleich nebenan erhebt sich eine stattliche Basilika, die viel zu groß wirkt für einen Ort mit heute gut 20.000 Einwohnern. Die Gebeine zweier Märtyrer aber machten sie zu einer Art mittelalterlichem Hotspot für Pilger. Zudem hält sich hartnäckig die Legende, dass Karl der Große vor Ort seine Tochter Imma wiedergefunden habe, die mit seinem Schreiber Einhard durchgebrannt sein soll, der auch der erste (Laien-)Abt des Klosters wurde. Das mit der Kaiserstochter stimmt wohl nicht. Alles andere aber schon – und auch, dass später eine Königspfalz errichtet wurde, wo Friedrich II. übernachtete. Die Mauerreste stehen ebenfalls noch nahe des Mains, der sich hier von Aschaffenburg kommend nach Frankfurt schlängelt. Also: Viel hitzige Geschichte und Geraune im Städtchen. Ein Eis aus einer der nahen Gelaterien sorgt für willkommene Abkühlung.

Wie hinkommen:
Mit dem ICE nach Hanau. Von dort knapp 20 km mit der Regionalbahn nach Seligenstadt.

Für wen:
Garten- und Romantikfans, Heilkräuterkundige, Flaneure, Barockarchitektur-Interessierte und alle, die Geschichte(n) lieben

Besser nicht:
Am Wochenende kommen. Das tun viele, vor allem in der warmen Jahreszeit.

Mitbringen:
Genügend Zeit, um auch die Basilika, das Kloster und die Altstadtgässchen mit ihrem Fachwerk anzuschauen.

Weitere Informationen finden Sie unter: https://www.schloesser-hessen.de/de/kloster-seligenstadt

Schreiben Sie uns!

Der Artikel hat Ihnen gefallen, Sie haben eine Frage an die Autorin/den Autor, Kritik oder eine Idee, worüber wir einmal berichten sollten? Wir freuen uns über Ihre Nachricht.