Elektrischer Flaschenzug

Klimaneutral bis 2040: Coca-Cola hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Dafür muss in Deutschland mehr Flüssiges auf die Schiene. Wie DB Cargo und der größte Getränkehersteller im Land binnen fünf Jahren ein eigenes Transportnetzwerk aufgezogen haben.

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Oliver Lang
Passt – und nicht nur farblich: Coca-Cola European Partners Deutschland holt immer mehr Laster von der Straße und überlässt DB Cargo den Transport auf der Langstrecke

Um die Lust auf Flüssiges geht es in dieser Geschichte – und um trockene Zahlen, die man erst mal verdauen muss: Rechnerisch knapp zehn Millionen Liter Cola, Limonaden, Mineralwasser und Schorlen aus dem Hause Coca-Cola werden hierzulande täglich getrunken.

Man muss kein Logistikprofi sein, um zu begreifen: Es braucht schon einiges an Kraftstoff, um die Getränke per Lkw durchs Land zu fahren, die nicht regional in den 14 deutschen Coca-Cola-Fabriken abgefüllt werden können. Coca-Cola European Partners hat sich verordnet, bis 2030 die Treib­hausgasemissionen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg um 30 Prozent zu senken und bis 2040 klimaneutral zu agieren. Da liegt es nahe, das anzupacken, was schon lange als eine Lösung der Klimafrage diskutiert wird: auf umweltfreundlichere Transporte zu setzen – das heißt auch, runter von der Autobahn, rauf auf die Schiene.

Also beschloss der Getränkehersteller – der größte in Deutschland – vor fünf Jahren, die ersten Lastzüge zwischen seinen Standorten von der Straße zu holen und den Transport über Distanzen, die 300 Kilometer überschreiten, auf die umweltfreundlichere Schiene zu verlagern. In der Folge bauten Coca-Cola und DB Cargo, die Konzernsparte für den Güterverkehr der Deutschen Bahn, ein bundesweites „Schienengüternetzwerk“ auf. Das bedeutet: tägliche Bahnverbindungen zu festen Zeiten auf festgelegten Strecken, unabhängig davon, wie viele Wagen Coca-Cola jeweils bei DB Cargo anfordert. „Wir verbinden die Vorteile unseres dichten Einzelwagennetzes mit der Flexibilität der Straße“, sagt Sigrid Nikutta, DB-Konzernvorstand für den Schienen-Güterverkehr. Der Einzelwagenverkehr ist die „grüne“ Alternative zum Lkw. DB Cargo ist das einzige Unternehmen in Deutschland, das ihn flächendeckend anbietet und damit auch für Firmen mit geringem Transportvolumen die Vorteile der Schiene erschließt.

Das Netzwerk von DB Cargo und Coca-Cola erreicht in diesem Sommer seinen geplanten Umfang. Binnen einem Jahr verdoppelt sich so die Zahl der Strecken. Das Raster umfasst dann 13 deutsche Produktions- und Vertriebs­standorte des Getränkeherstellers, die mittels 19 Bahnrouten miteinander verbunden sind – das oberbayerische Fürstenfeldbruck zum Beispiel mit dem niedersächsischen Lüneburg, Bad Neuenahr in Rheinland-Pfalz mit dem brandenburgischen Genshagen.

„Wir wollen 2021 täglich 300 000 Liter Getränke mit DB Cargo transportieren und damit fast doppelt so viel wie im letzten Jahr“, sagt Christina Witt, Pressesprecherin bei dem Getränkehersteller. Das ist zwar nur ein kleiner Teil der täglich produzierten Menge, weil weitgehend regional produziert wird – aber der mit dem längsten Transportweg. „Wir rechnen damit, dass wir 2021 durch Transporte mit DB Cargo rund 1900 Tonnen CO₂ einsparen – das wäre gegenüber 2020 ebenfalls beinahe eine Verdopplung.“ Gute Nachrichten fürs Klima und auch für Autofahrer:in­nen, denn auf den Straßen drängen sich dann weniger Lastwagen: Durch die Kooperation mit DB Cargo würden künftig jährlich rund drei Millionen Lkw-Kilometer weniger anfallen.

Wie die „intermodale Lösung“, also die Kombination von Schiene und Straße funktioniert, lässt sich am Beispiel des Abfüllwerks Deizisau bei Stuttgart erläutern, einem der größten Knotenpunkte im Schienengüternetzwerk von DB Cargo für Coca-Cola. Täglich werden hier Lkw mit Getränken in Wechselbehältern beladen – eine Art Container mit Schiebeplane –, deren Ziel das 700 Kilometer entfernte Mölln in Schleswig-Holstein ist. Doch die Sattelschlepper rollen nicht etwa auf die Autobahn, sondern gerade mal 15 bis 30 Kilometer weit zu den nächstgelegenen DB-Umschlagbahnhöfen, wo die Getränke auf Güterzüge umgeladen werden. Von dort gehen sie auf fünf verschiedenen Routen auf die Reise. Lastwagen werden erst wieder an den Zielorten gebraucht, um zu Coca-Cola nach Köln oder Achim bei Bremen zu fahren. Der Effekt: „Allein 2020 haben wir mit 180 Bahntransporten mehr als 230 000 Lkw-Kilometer und damit rund 140 Tonnen CO₂ eingespart“, sagt Tufan Yurdagül, Standortlogistikleiter in Deizisau.

Dass nicht sämtliche 29 deutschen Produktions- und Vertriebszentren von Coca-Cola über die Schiene miteinander verbunden sind, liegt daran, dass das Unternehmen vornehmlich regional produziert – und die Wege von den meisten Abfüllwerken zu Handels- und Gastronomiekunden so kurz sind, dass sie mit den Lastwagen der roten Flotte schneller bewältigt werden. Dennoch ist die Kooperation von Coca-Cola und DB Cargo bislang einmalig für die Konsumgüterbranche in Deutschland. Noch dazu mit einem logistischen Konstrukt, das als Kreislauf funktioniert: Die Züge, die die Getränke transportieren, kehren auf dem Rückweg mit Leergut in die Abfüllwerke zurück.

Ein Beispiel mit Vorbildfunktion also auch für andere, wie Cargo-Chefin Nikutta betont: „Ziel einer starken DB Cargo ist es, noch mehr Kunden in Europa von den Vorteilen der Bahnlogistik zu überzeugen. Und für Konsumgüter ist der Mix aus langen Bahntransfers und der letzten Meile per Lkw zum Kunden ideal.“

Schon jetzt sorgt DB Cargo als größte Güterbahn Europas dafür, dass die Lasterkolonnen kürzer werden und pro Jahr sieben Millionen Tonnen Treibhausgase weniger in die Atmosphäre entweichen. Der weitere Ausbau des Cargo-Geschäfts zu flexiblen Logistiknetzwerken auf der Schiene wird den Güterverkehr künftig noch schneller, leistungsfähiger und umweltfreundlicher machen.

Coca-Cola unterwegs: das DB Cargo-Netz in Zahlen

BAHNSTRECKEN
Binnen einem Jahr soll sich die Anzahl der Bahnstrecken mehr als verdoppeln

SCHIENENTRANSPORTE
Mit der Verdopplung der Strecken dürfte auch die Zahl der Fahrten 2021 sprunghaft steigen

ZUGKILOMETER
Die Kilometer auf der Schiene könnten sich auf jährlich mehr als drei Millionen erhöhen

CO₂-REDUZIERUNG
Der Wechsel zur Schiene soll den CO₂-Ausstoß 2021 um 1900 Tonnen reduzieren

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