So feiert Deutschland den St. Patrick’s Day

Am 17. März huldigen Ir:innen ihrem Nationalheiligen. Längst haben sich viele in Deutschland von der Feierlust anstecken lassen. Wo das Fest groß zelebriert wird – und worauf es dabei ankommt

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Datum: 12.03.2024
Lesezeit: 7 Minuten
St. Patrick’s Day Parade in München
© Imago/Zuma Press
Mit Dudelsack und Kilt und grünem Hut: Durch München zieht die größte St. Patrick’s Day Parade des europäischen Kontinents

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Ein Abend in einem Irish Pub in Schwabing, Anfang 1996 muss es gewesen sein. Zwei Stammgäste plaudern mit Paul Daly, dem Wirt. Bald sei doch wieder der 17. März, St. Patrick’s Day, durch Städte wie Dublin und Boston zögen Paraden. „Lass uns das doch mal hier in München versuchen.“

„Tolle Idee“, habe er gesagt, erinnert sich Daly, der aus Dublin stammt. Er fragte zwei irische Tanzschulen und den Fußballverein Irish Rovers: Seid ihr dabei? Aber klar! Daly meldete einen Zug für 300 Personen an, vom Odeonsplatz zur Münchener Freiheit. Es kamen 3000.

Ein Anlass, zu dem sich Menschen in merkwürdige Trachten kleiden, Bier einer besonderen Brauart trinken und zu volkstümlich klingender Musik schunkeln und tanzen – kein Wunder, mag man unken, dass München sich zum Hotspot des St. Patrick’s Day in Deutschland entwickelt hat.

© Stephan Rescher
Grünes Dreigestirn in der weißblauen Hauptstadt: Sankt Patrick, der irische Nationalheilige, grüßt am Münchener Odeonsplatz. Daneben, mit Schärpe, winkt Paul Daly, der die Parade organisiert. An seiner Seite: Nicholas O’Brien, Irlands Botschafter in Deutschland

Jahr für Jahr wuchs die Parade. Bis zu 50.000 Besucher:innen wurden schon gezählt. Zwei Tage dauert das Fest nun, samt Open-Air-Festival. Die größte St. Patrick’s Day Parade auf dem europäischen Kontinent.

Erstmals steigt 2024 die Stadt München als Partnerin ein. Wenn die Entwicklung so weitergeht, macht der irische Nationalfeiertag bald dem Oktoberfest Konkurrenz.

Ganz einfach: etwas Grünes anziehen und gute Laune mitbringen

Den wenigsten Teilnehmer:innen dürfte die irische Nation dabei am Herzen liegen – oder deren Nationalheiliger, der heilige Patrick von Irland. Der soll im 5. Jahrhundert gelebt und als katholischer Missionar das Christentum auf die Insel gebracht haben. Als sein Todestag gilt der 17. März 461.

Um den St. Patrick’s Day zu feiern, muss niemand irische Wurzeln haben oder landeskundlich bewandert sein, bekräftigt Daly. „Es muss die irische Lebensart rüberkommen: weltoffen sein, viel Musik, viel Tanz“, sagt der 66-Jährige. „Es ist ganz einfach: etwas Grünes anziehen und gute Laune mitbringen.“ Ein Dresscode, der allerorten befolgt wird: grüne Hüte, grüne Jacken, grüne Brillen.

© Picture Alliance/SZ Photo/Robert Haas
Grüner Mann mit rotem Bart und Fahne: Derart verkleidet fügt man sich gut ein in die St. Patrick’s Day Parade in München

Längst ist das Fest auf der ganzen Welt verbreitet. Mancherorts wird das Bier, das aus den Hähnen fließt, grün gefärbt. Oder gleich ein ganzer Fluss – das hat aber in Deutschland noch keine Kommune genehmigt, nicht mal München.
 
Eine Parade wie hier hat sich in keiner anderen Stadt etabliert. Dennoch ist Deutschland in den Tagen rund um den 17. März an vielen Orten grün, laut und lustig – einen Überblick finden Sie am Ende dieses Textes.

Was verbindet Deutschland mit diesem Inselvölkchen?

Man kann sich fragen: Was verbindet Deutschland mit diesem Inselvölkchen am Rande Europas? Mehr als vielen Deutschen bewusst sein dürfte. „Es gibt zahlreiche Verbindungen“, sagt Martin Wall von der irischen Botschaft in Berlin. So sei Würzburg im 7. Jahrhundert von einem irischen Missionar gegründet worden, Sankt Killian. Und das erste Flugzeug, das einen transatlantischen Flug von Ost nach West bewältigte, gelang einer deutsch-irischen Crew. An Bord einer Junkers W33 hob sie 1928 in Dublin ab, heute ist die „Bremen“ am Flughafen Bremen zu besichtigen.

Und Rea Garvey muss man kaum mehr vorstellen: Der bärtige Rocksänger hat mehrfach die Jury von „The Voice of Germany“ bereichert und ist mit einer Deutsch-Rumänin verheiratet. Zum St. Patrick’s Day 2023 sang er seinen Fans ein irisches Ständchen auf Tiktok: „Spancil Hill“, eine 150 Jahre alte Folkballade. Reaktion der Fans: Er solle doch mal ein ganzes Album mit dieser Musik aufnehmen.

Mit fünf Jahren war es um mich geschehen

Musikerin Gudrun Walther über den Zauber irischer Musik

Überhaupt, die Songs! Gudrun Walther, 47, stammt aus einer Musikerfamilie aus der Pfalz. Sie war fünf Jahre alt, als ihr älterer Bruder „Leute kennenlernte, die irische Musik gemacht haben“, wie sie erzählt. Gitarre, Geige, Dudelsack, in der heimischen Küche. „Da war es um mich geschehen.“ Ohne zu wissen, woher diese Lieder und Klänge stammen. Sie nahm eine Geige in die Hand, die schon ihr Uropa als Tanzmusiker genutzt hatte, und begann zu spielen. „Gleich irische Musik.“

© Samira Schulz
Sängerin und Geigerin Gudrun Walther (2. v. r.) im Kreise ihrer Band-Kolleg:innen von Cara, die mit ihrer irischen Folkmusik schon international Preise abgeräumt haben

Nach Irland reiste sie erstmals mit 17, besuchte einen Geigenworkshop, spielte Sessions. Wie ist denn so ein St. Patrick’s Day in Irland? Sie lacht. „Habe noch keinen erlebt.“ So geht es vielen Interpret:innen irischer Musik. Sie werden überall gebucht – nur nicht in Irland. Warum auch? „Dort hat jeder Pub mindestens einen Stamm-Musiker, der um die Ecke wohnt“, hat Walther beobachtet.

Kaum zu glauben: In Irland waren Pubs am St. Patrick’s Day geschlossen

Selbst Daly muss lange überlegen, wann er den irischen Nationalfeiertag das letzte Mal in der Heimat verlebte. „Das war als Pfadfinder. Ich erinnere, dass es immer geregnet hat.“ Tatsächlich ist der 17. März zunächst in den USA als großes, grün gefärbtes Volksfest populär geworden. In Irland hatten die Pubs bis weit ins 20. Jahrhundert an St. Patrick’s Day zu schließen, an Geigen- und Dudelsackspiel in jeder Eckkneipe war nicht zu denken.

Seit mehr als 30 Jahren spielt Gudrun Walther nun irische Folkmusik, ihre aktuelle Band Cara (gälisch für „Freund“) hat Mitglieder aus Deutschland, Schottland und Irland und wurde schon mit Preisen in Irland und den USA ausgezeichnet. 2024 geht es auf eine eigene St. Patrick’s Day Tour, gefördert unter anderem von der irischen Botschaft und dem irischen Kulturinstitut. „Zeitgeist Irland 24“ heißt das Programm, das sich über das ganze Jahr zieht und Literatur, Tanz, Film, Theater und viel Musik umfasst.

Ostdeutschland? Auch längst infiziert

Für die Tour haben die Band und die Botschaft eine Mission vereinbart: den St. Patrick’s Day nach Ostdeutschland bringen. Dabei scheint man auch dort schon infiziert zu sein.

Zum Beispiel in Dresden, dort betreiben Silke Beath und ihr aus England stammender Mann Derek seit 2005 den Irish Pub Shamrock. Zum Nationalfeiertag stets gerammelt voll. Und dann hatte Derek Beath 2011 eine Idee: Das Shamrock bat zum Tanz auf ein Schiff auf der Elbe.

Grüne Zylinder auf der Elbe bei Dresden gesichtet

Seither strömen jedes Jahr Ir:innen, Engländer:innen, US-Amerikaner:innen und Sächs:innen herbei, um an Bord zu feiern, mit Livemusik, Guinness-Bier und Irish Stew, einem traditionellen Eintopf. „Die Leute ziehen sich einfallsreich an, manche haben grüne Zylinder auf“, berichtet Silke Beath. Ein paar Jahre lang ging die Party nach dem Elbtörn noch weiter, bei einem Straßenfestival auf dem Postplatz in Dresden. Nach der Pandemie-Pause waren die Kosten für Technik und Personal derart gestiegen, dass das Straßenfest ruht.

Tatsächlich hat sich abseits von München in Deutschland noch keine große Parade dauerhaft etabliert. Auch in Berlin riss die Tradition nach 2015 ab. Die unzähligen irischen Kneipen treiben die Festivitäten an. So ist in Karlsruhe eine kleine Parade Tradition. Dort zieht eine grün gewandete Karawane von Linden’s Irish Pub etwa einen Kilometer weiter – zu Scruffys Irish Pub.

Sie sind zu inoffiziellen Botschaften Irlands in der ganzen Welt geworden: die Pubs. Was nicht bedeutet, dass sie zwingend von Ir:innen geführt werden. Hauptsache Musik, Tanz, gute Stimmung, so würde Daly das sagen.

Irish Pubs haben sich längst entkoppelt von irischem Brauchtum

Irish Pubs haben eine eigene Kultur begründet, unverzichtbar sind Sportübertragungen, Quizabende und obergäriges Stout-Bier, alles inspiriert von irischem Brauchtum – aber auch längst entkoppelt davon.

Davon kann MacPiet ein Lied schrammeln. Der 43-Jährige aus Schleswig-Holstein tritt unter diesem Namen auf, seit mehr als 25 Jahren spielt er auf Bühnen Gitarre und singt dazu altbekannte irische Lieder. Oder was man hierzulande dafür hält.

© Picture Alliance/Zuma Press/Sachelle Babbar
Die Wagen sind kleiner als bei den Karnevalsumzügen im Rheinland – aber Teilnehmer- wie Zuschauerschaft sind nicht weniger fröhlich bei der St. Patrick’s Day Parade in München

Die Eltern mochten Folkmusik, und bevor der Schüler 1998 mit den Pfadfinder:innen zu einer Reise nach Irland aufbrach, „da wollten wir uns liedgutmäßig vorbereiten“. Er übte eine Handvoll Songs ein, die er auch in jedem Pub auf der Insel eifrig anstimmte. „Alle Iren waren begeistert, überall bekam ich eine Cola ausgegeben. Und dann fragten sie: Schönes Lied war das, woher kommt das?“ Der Deutsche fragte irritiert zurück: „Ist das nicht von hier?“ Die Antwort: „Nö. Aber egal!“

Geheimtipp für Sessions irischer Musiker: Hannover

Mit diesem gütigen Segen im Gitarrenkoffer zieht MacPiet seither durch die Kneipen und Konzerthallen. Häufig erlebt man ihn in Hamburg, das eine lebendige Irish-Pub-Szene hat. Aber zum 17. März hat sich ein Pub in Paderborn rechtzeitig seine Dienste gesichert, „The Auld Triangle“. Dort wird zum St. Patrick’s Day groß aufgefahren – wie in den übrigen Irish Pubs im Land, deren Zahl nach Schätzungen an die 1000 heranreichen dürfte.

Wer Wert darauf legt, kann auch authentische irische Folkmusik in Irish Pubs erleben. Man muss nur wissen, wo. Gudrun Walther empfiehlt etwa die Szene in Hannover. Dort veranstalten drei Pubs regelmäßig Sessions. Auch Ir:innen stehen auf der Bühne. Aber das ist, wie wir jetzt wissen, gar nicht so entscheidend. Sei es am St. Patrick’s Day – oder an jedem anderen Tag im Jahr.

Hier feiert Deutschland den St. Patrick’s Day

Egal wo im Land: Wer in den Tagen rund um dem 17. März einen örtlichen Irish Pub besucht, wird St. Patrick’s Day feiern können. Einfach etwas Grünes anziehen und gute Laune mitbringen. DB MOBIL führt Veranstaltungen auf, die in diesem Text erwähnt sind.

St. Patrick’s Day Parade in München: Die bayerische Hauptstadt feiert den irischen Nationalfeiertag am 16. und 17. März, rund um den Odeonsplatz. Mit Livemusik auf zwei Bühnen und der größten Parade auf dem europäischen Kontinent.
Anreise: ab München Hbf mit der S-Bahn bis „Marienplatz“, von dort ca. 10 Minuten Fußweg.

Cara: Die mehrfach mit Preisen dekorierte Folkband ist auf „St. Patrick’s Day Tour“, am 17.3. etwa in Saalfeld, am 19.3. in Weimar, am 21.3. in Potsdam.

MacPiet: Der Musiker spielt seit 20 Jahren in Pubs und Konzerthallen Gitarre und Dudelsack und trägt irisches Liedgut vor. Nach eigenen Angaben etwa 170 Auftritte im Jahr.

Pubs in Hannover: In der Stadt hat sich eine Szene für traditionelle irische Folkmusik etabliert. Regelmäßige Sessions in The Irish Pub Hannover, Brüderstraße 4, donnerstags in ungeraden Kalenderwochen; Dublin Inn, Am Markte 13, sonntags in geraden Kalenderwochen: beide fußläufig ab Hannover Hbf.
Kuriosum, Schneiderberg 14, dienstags in geraden Kalenderwochen, ab Hannover Hbf mit der S-Bahn bis Hannover Nordstadt.

Irish Pubs in Hamburg: Aufgrund einer großen englischsprachigen Community recht lebhafte Kneipenszene, viele Pubs mit Livemusik. Regelmäßig etwa hier: Irish Rover, Großneumarkt 8; Old Dubliner, Neue Straße 58; Murphy’s Irish Pub, Friedrichstraße 24; Thomas Read, Nobistor 10; Molly Malone, Hans-Albers-Platz 14.

The Auld Triangle in Paderborn: Beliebter Pub in der Region Ostwestfalen, hier tritt MacPiet am 17. März auf. Von Paderborn Hbf in 20 Fußminuten bis zur Kasseler Mauer 11.

Irish Pub Parade in Karlsruhe: Eine kleine St. Patrick’s Day Parade zieht vom Scruffys in der Karlstraße 4 etwa einen Kilometer hinüber zum Linden’s in der Hirschstraße 70. Zum Startpunkt ab Karlsruhe Hbf mit Straßenbahnlinien 2 oder 3 bis Europaplatz.

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