Das ist der Zipfel!

Was haben List auf Sylt, Oberstdorf, Görlitz und Selfkant gemeinsam? Die Orte bilden den Zipfelbund. Klingt lustig? Wird noch besser: Otto Waalkes über den Zipfelpass und die Ränder der Republik

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Datum: 20.02.2024
Lesezeit: 5 Minuten
Oberstdorf von weitem, Otto Waalkes
© Imago/Westend61; Mike Kraus

Im sogenannten Zipfelbund versammeln sich die äußersten Ecken Deutschlands – List auf Sylt ist der nördlichste, Oberstdorf der südlichste, Selfkant der westlichste und Görlitz der östlichste Punkt der Bundesrepublik. Wer überall hinreist und dort auch noch übernachtet, bekommt den Zipfelpass.

Ein Prominenter, der sich über diesen besonderen Ausweis freut, ist Otto Waalkes. Der Komiker erzählt von seinen unterschiedlichen Erfahrungen in den vier Extrem-Regionen.

Herr Waalkes, was ist Ihnen von den Reisen an die vier Orte am meisten in Erinnerung geblieben?

Auf Sylt war jeder schon mal, wenn er in Hamburg wohnt. Früher war ich mit Freunden zum Arbeiten da, natürlich nur in der Vor- oder Nachsaison. Ich erinnere mich, dass ich dort mit Freunden „Otto – Die Serie“ geschnitten habe. Lang, lang ist’s her. Oberstdorf habe ich mir als Skifahrer nicht entgehen lassen. Nicht weit davon hat Willi Bogner eine Szene für einen seiner „Feuer und Eis“-Filme gedreht, in der ich mitspielen durfte. In Görlitz habe ich regelmäßig auf meinen Tourneen Station gemacht. Die Stadthalle war sehr schön und so alt, dass einmal eine Fledermaus über der Bühne ihre Zickzacks gezeigt hat. Und Selfkant ist etwas ganz Besonderes: besonders schwer zu finden.

© Imago Images/Blickwinkel
Bekannt für ihre große Windmühlendichte: die Gemeinde Selfkant

Selfkant hat es nicht leicht, es ist der am wenigsten geläufige Zipfelort. Die Region ist aber bekannt für die vielen Rad- und Spazierwege. Haben Sie die getestet?

Nein, leider nicht. Wird mir jetzt mein Zipfelpass wieder abgenommen?

Wohl kaum. Und sind Sie als norddeutscher Flachländler ein Typ für die Berge?

Ja, auch wenn Oberstdorf für einen Ostfriesen fast der Gipfel an Exotik ist: die Schnitzereien, die Malereien, die Trachten, die Sprache, die Berge … Das kennen wir bei uns alles nicht. Ski gefahren bin ich natürlich am Nebelhorn – der Name kam mir gleich so vertraut vor.

© Adobe Stock/Sina Ettmer
Sommers wie winters eine Reise wert: Oberstdorf im Allgäu

Apropos Sport: Haben Sie in List auf Sylt gesurft oder sind Sie zumindest am Strand entlanggewandert?

Wandern würde ich meine Strandspaziergänge eher nicht nennen – ich schlendere mehr. Bei Westerland habe ich Tennis gespielt, der Wind entschuldigt jeden verschlagenen Ball. Und in List kommt man nicht an Jürgen Gosch und der sagenhaften Fischbude vorbei: die Keimzelle seines Imperiums.

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Fast menschenleer: An den Stränden von List auf Sylt gibt es selbst im Sommer kein Gedränge

Görlitz wird auch Görliwood genannt, wegen der vielen nationalen und internationalen Filmproduktionen …

… und wir haben tatsächlich einmal überlegt, ob wir dort einen Film machen könnten. Ein altes Jugendstilkaufhaus wäre die ideale Kulisse gewesen. Aber dann hat es Wes Anderson als „Grand Budapest Hotel“ benutzt, und wir haben den Plan vorerst aufgegeben.

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Überragend: die Görlitzer Peterskirche, eine der ältesten der Stadt

Sie sind Komiker, Filmemacher und Autor. Zuletzt erschien Ihr Buch „Ganz große Kunst: 75 Meisterwärke“. Haben Sie sich in den Zipfelbund-Orten auch Inspirationen für Ihre Projekte geholt?

Vielleicht mache ich einmal einen Film wie dieser französische „Willkommen bei den Sch’tis“ – ein Ostfriese, den es in die entferntesten Ecken Deutschlands verschlägt.

Welcher der vier Orte hat Ihnen am besten gefallen?

Ich glaube, Orte kann man zwar vergleichen, bewerten sollte man sie aber nie: So macht man sich zwar Freunde in dem einen, aber auch Feinde in drei anderen.

Der Weg zum Zipfelpass:
die vier Orte des Zipfelbunds besuchen
 

List auf Sylt, Schleswig-Holstein
Der Hafenort liegt im Norden von Deutschlands prominentester Insel. Zehn Kilometer vom Szenedorf Kampen entfernt erstreckt sich List mit seinen weißen Stränden sowohl auf See- als auch auf Wattseite. Besuchen Sie das Vogel- und Naturschutzgebiet am Sylter Ellenbogen (so genannt aufgrund seiner Form, die an einen angewinkelten Arm erinnert), die Restaurants und Fischbuden am Hafen sowie den Stammsitz von Dittmeyer’s Austern-Compagnie. Außerdem ist List auf Sylt ein abwechslungsreiches Revier für Wind- und Kitesurfen: Für Anfänger:innen ist die ruhige Südseite mit dem flachen Wasser des Wattenmeers geeignet, Profis wagen sich an die raue Westküste.

Anreise mit der Bahn: zum Beispiel ab Hamburg bis Westerland, dann weiter mit dem Bus.
 

Oberstdorf, Bayern
Der heilklimatische Kur- und Kneippkurort ganz im Süden Bayerns ist vor allem bei Wintersportfans beliebt: Im als schneesicher geltenden Oberstdorf hat bereits mehrmals die nordische Ski-WM stattgefunden, die Skisprung-Arena mit ihren Schanzen ist international bekannt, und das Loipennetz zählt zu den besten weltweit. Doch auch im Sommer ist der Ort inmitten der schönen Allgäuer Alpen eine Reise wert: Wanderlustige finden Wege auf drei Höhenlagen. Für Einsteiger:innen bis Expert:innen ist von leichten Touren bis anspruchsvollen Klettersteigen wie dem Heilbronnerweg alles dabei.

Anreise mit der Bahn: zum Beispiel von München mit dem Regionalexpress. Oberstdorfer Übernachtungsgäste fahren übrigens mit der Allgäu Walser Premium Card auf den Oberstdorfer Buslinien kostenfrei.
 

Selfkant, Nordrhein-Westfalen
Die Gemeinde Selfkant liegt am westlichsten Zipfel Deutschlands in der Region „Der Selfkant“ zwischen den Flüssen Rhein, Rur und Maas. Die Gegend nördlich von Aachen ist vor allem bekannt für ihre Radwege, auf denen man innerhalb von lediglich 27 Kilometern durch gleich drei europäische Länder fahren kann. Von Deutschland aus nach Belgien und in die Niederlande kommt man durch ursprüngliche Ortschaften und an zahlreichen Windmühlen vorbei, die typisch für die Region sind. Apropos Windmühlen: Dank des Vereins Historischer Mühlen im Selfkant e. V. ist es möglich, sich kostenlos zum freiwilligen Müller oder zur freiwilligen Müllerin ausbilden zu lassen.

Anreise mit der Bahn: zum Beispiel von  Köln mit dem ICE nach Aachen, von dort weiter mit der Regionalbahn bis Geilenkirchen und mit dem Bus nach Selfkant.
 

Görlitz, Sachsen
Die Stadt an der Grenze zu Polen gilt als eine der schönsten Deutschlands. Die fast 4000 sanierten und restaurierten Gebäude aus verschiedenen Architekturepochen locken nicht nur Tourist:innen, sondern auch Locationscouts deutscher und internationaler Filmproduktionen an. Zahlreiche bekannte Filme wie „Inglourious Basterds“, „Der Vorleser“ und natürlich Wes Andersons „Grand Budapest Hotel“ wurden in der sächsischen Stadt gedreht. Filmfans können auf Filmtouren zu Fuß die Schauplätze dieser Filme erkunden. Und auch für alle anderen lohnt sich ein Gang durch die wunderschöne Stadt allemal.

Anreise mit der Bahn: bis zum Hauptbahnhof Görlitz, wo übrigens schon mehrmals Begrüßungs- und Abschiedsszenen gedreht wurden (etwa für „Das schweigende Klassenzimmer“ oder „3 1/2 Stunden“).

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