So feiert die deutsche Karnevalsprovinz

Nicht nur in Mainz, Köln und Düsseldorf wird Karneval zelebriert. Hochburgen gibt es auch, wo man sie nicht erwartet. DB MOBIL streift durch die Faschingslandschaft, von der Nordsee bis in die Lausitz

Von:
Datum: 06.02.2024
Lesezeit: 10 Minuten
Eine Gruppe rot gekleideter Frauen mit Greis:innenmasken und Schirmen
© Imago/Becker Bredel
Bereit auszuschwärmen: Oft stecken auch junge Karnevalist:innen hinter den Greis:innen-Masken, die typisch sind für die närrischen Tage in Saarwellingen

Deutschland-Ticket – jetzt kaufen und losfahren

Marneval in Dithmarschen

Wo die Kohlköpfe herkommen, hat man mit Karneval nichts am Hut, sollte man denken. Doch Marne im Landkreis Dithmarschen in Schleswig-Holstein macht da eine Ausnahme und hat dafür sogar einen eigenen Namen erfunden. „Marneval“ nennen die Einwohner ihre Freude daran, mit Tanzmariechen, Garde und Sambamusik Partystimmung an der rauen Nordseeküste zu verbreiten.

Angeblich hat die Tradition folgenden Hintergrund: Gastwirt:innen sollen den Brauch vor mehr als 60 Jahren aus dem Rheinland importiert haben, um das schleppende Wintergeschäft aufzupeppen. Seitdem ist Schleswig-Holstein kein weißer Fleck mehr auf der Landkarte des verkleidungslustigen Volks.

Das Jecken-Fieber hat sich weit über den Ort hinaus verbreitet. Wenn der Rosenmontagszug, der „Romo“, anrollt, reisen 25 000 Zuschauer:innen an, was die Einwohnerzahl von Marne um das Vierfache übersteigt. Und natürlich wurde der gängige Schlachtruf längst eingenordet: Statt Helau skandiert man „Marn’ hol fast!“, was so viel heißt wie „Marne, steh fest zusammen!“.  

Anreise: etwa von Hamburg-Altona mit dem RE nach Heide (Holst), von dort mit dem Bus bis „ZOB, Marne“.

Voll hinein – Fulda feiert anders

Helau und Alaaf? Braucht man in Fulda nicht, wo man schon ziemlich lange den Titel Karnevalshochburg von Hessen beansprucht und so einiges anders macht als die Konkurrenz an Rhein und Main. Das beginnt schon beim Schlachtruf, der mit „Fölsch Foll – Hinein“! („Fulda voll – hinein“!) v(f)ollmundig proklamiert, dass bei der „Fulder Foaset“ („Fuldaer Fastnacht“) nicht nur orthografisch manche Regel lustvoll umgangen wird.

Tatsächlich reicht das karnevalistische Treiben zurück bis ins 15. Jahrhundert. Einer Legende nach soll ein Schuhmacher an einem Freitag nach dem Valentinstag 1508 seinen miesepetrigen Schwager geärgert haben, in dem er diesem den Gehrock entwendete und damit zur Schadenfreude der Einwohner:innen durch den Ort lief.

1825 wird zum ersten Mal ein Maskenumzug erwähnt, wenig später entstanden die ersten Vereine. Heute sind es 13 an der Zahl, die in und rund um Fulda Maskenbälle, Sitzungen und Umzüge organisieren. Die Besonderheit in Fulda: An der Spitze steht stets die Fuldaer Karnevalsgesellschaft, während alle anderen Vereine als „Randstaaten“ dienen. Sie müssen zum Umzug mit einem Vereinsthema erscheinen, das Bezug nimmt auf ihre Geschichte oder das Viertel, aus dem sie stammen.

So haben sich Gruppen aus dem Stadtbezirk Ostend zuletzt in indischen Kostümen gezeigt, der Verein Florengäßner Brunnenzeche wiederum berief sich auf seine Gründungszeit und flanierte in Biedermeier-Kostümen durch die Altstadt.

Seit 2022 lässt sich die Karnevalstradition von Fulda in einem Museum besichtigen. Und bis zum diesjährigen Faschingsbeginn am 8. Februar soll auf der Bahnhofstraße ein „Walk of Foaset“ mit Sternen für alle Vereine und ihre Fürstlichkeiten fertig werden.

Anreise: ab Bahnhof Fulda neun Minuten zu Fuß bis zur Altstadt.

© Picture Alliance/Uwe Zucchi
Immer auf dem Sprung: So wie hier Anführer Gregor tanzt beim Herbsteiner Rosenmontagsumzug eine Gruppe von Springern lustvoll durch die Menge

Herbstein, wie es springt und lacht

Keine 30 Kilometer westlich von Fulda geht man das lustvolle Treiben ganz anders an. Statt sich brav in den Tross von Umzugswagen und Fußgruppen einzureihen, tanzen einige Figuren am Rosenmontag im mittelhessischen Herbstein lustvoll aus der Reihe.

An vorderster Stelle bahnt sich der „Bajazz“, der Anführer der Fastnacht, in einem bunten Gewand und mit goldener Krone seinen Weg durch das Spalier der Zuschauer:innen. Dahinter folgen sechs Paare aus jungen Männern, von denen jeweils einer in Lederhosen, der andere im Dirndl steckt. Sie halten sich an den Händen und springen gemeinsam mit Innen- und Außendrehungen in die Luft.

Man kennt den sogenannten Narrensprung aus der schwäbisch-alemannischen Fastnacht mit den rhythmischen Hüpfschritten der Teilnehmer:innen – wie aber kam er nach Hessen? Tiroler Steinmetze sollen die Tradition des Springerzugs im 17. Jahrhundert eingeführt haben, als sie für Restaurierungsarbeiten an der Stadtmauer in Herbstein weilten. Mit den Tänzen wollte man einst den Winter vertreiben.

Der Springerzug ist nicht nur eine Attraktion bei den Fastnachtsumzügen. Die Gruppe vertritt die Stadt Herbstein auch bei Festen und Umzügen im In- und Ausland, zum Beispiel bei der Steubenparade in New York. Mit den Einnahmen soll die Tradition des Springerzugs und der Erhalt des Fastnachtmuseums unterstützt werden.

Anreise: ab Fulda per RB bis Lauterbach, von dort per Bus bis Herbstein.

© Brinkmann
Einmal schwarzer Kater: Ein buckelnder Vierbeiner wurde zum Wahrzeichen des Karnevals im westfälischen Beckum

Schwarzer Kater im Münsterland

Sture Westfalen? Von wegen. Wer vom Rheinland nördlich Richtung Münsterland reist, kann in der Karnevalszeit so manche humorvolle Skurrilität erleben. Zum Beispiel in Beckum, wo vor vielen Jahren „Rumskedi“ zum Wahrzeichen des närrischen Treibens geworden ist. Ein buckelnder, schwarzer Kater, der als überdimensionale Figur auf einem Wagen den Umzug anführt und dafür bekannt ist, Zuschauer:innen mit Wasser zu bespritzen.

Warum ein Kater zum Symbol des örtlichen Karnevalsvereins wurde und woher der Schlachtruf Rumskedi stammt, ist nicht eindeutig überliefert. Nach einem Wörterbuch der westfälischen Mundart steht das „Rums“ für „da ist er hingefallen“ und „kedi“ für „aber nicht so schlimm“ und soll andeuten, dass man das Leben nicht so ernst nehmen solle.

Anreise: z. B. ab Münster Hbf mit dem Bus nach Beckum.

Weiße Katze im Sauerland

Auch in Attendorn wurde eine Katze zum Wahrzeichen des Karnevals. Und das hat tiefreichende historische Gründe. 1583 sollte das Sauerland gezwungen werden, den protestantischen Glauben anzunehmen. Um sich dem zu widersetzen, folgten die Attendorner:innen dem damaligen Erzbischof bis zur Burg Bilstein. Ein Schütze versuchte, ihn im Fenster der Burg mit der Armbrust zu erschießen. Er traf jedoch, so die Überlieferung, nicht den Bischof, sondern eine weiße Katze, die herunterfiel.

Seitdem hing den Attendorner:innen der Ruf „Kattfiller“ („Katzenmörder“) an – eine Last, der sich die Einwohner:innen in der Karnevalszeit locker entledigen. Dann heißt der Schlachtruf „Kattfiller“, wenn die Wagen und Tanzgruppen am Veilchendienstag durch den Ort ziehen.

Noch mehr sauerländische Exzentrik gefällig? In Eslohe-Reiste führt am Rosenmontag ein Rasenmäher-Treckerumzug durch den Ort. Ein Motto gibt das Festkomitee „bewusst nicht“ vor, man wolle „den Fantasien der Wagenbauer freien Lauf lassen“.

Anreise Attendorn: ab Dortmund mit dem IC oder RE bis Finnentrop, von dort mit dem Bus nach Attendorn.
Anreise Eslohe-Reiste: etwa ab Dortmund Hbf mit dem RE nach Meschede, von dort mit dem Bus bis „Reiste, Eslohe (Sauerland)“.

Masken-Parade im Saarland

Im Karneval sehen die Saarländer:innen ganz schön alt aus. Zumindest die in der Gemeinde Saarwellingen, einer der wenigen Hochburgen im Grenzland zu Frankreich. Dort gibt es in den Fastnachtstagen ziemlich viele zusammengesetzte Wörter mit „Greesen“. Greesenkostüme, Greesenfrühstück, Greesengesicht – man braucht nicht viel Fantasie, um die sprachliche Verbindung zu „Greis“ herzustellen, oder wie die Saarländer sagen würden: Eine Grees ist „en uralt Müttachin“.

Da Mädchen und Jungen in früheren Zeiten wenig Geld hatten, um sich Kleidung für die Fastnacht zu kaufen, griffen sie gern in Omas Klamottenkiste. In ihren Fastnachtskostümen ähnelten Sie Großmüttern und verstärkten diesen Eindruck noch durch entsprechende Masken.

Bis heute gilt das runzelige Greesengesicht als Sinnbild für die närrische Zeit an der Saar und bringt das Publikum mit fantasievollen Varianten zum Schmunzeln. Am Rosenmontag werden dieses Jahr rund 50 Festwagen und Fußgruppen erwartet.

Anreise: von Saarlouis Hbf per Bus bis Saarwellingen.

Ein Prinz für Wasungen

Karneval und Alkohol – eine Liaison, die wohl untrennbar mit der Geschichte der organisierten Heiterkeit verbunden ist. So auch im thüringischen Wasungen, wo man zwar nicht behauptet, den Karneval erfunden zu haben, aber sich doch als eines der frühen Zentren in Deutschland wähnt.

Schon 1524 fanden auf dem Marktplatz Fastnachtsspiele statt, und der Bürgermeister habe den Mitwirkenden eimerweise Bier spendiert, um sie bei Laune zu halten. Seit den Anfängen führt der Festumzug schon am Samstag vor Aschermittwoch durch die Altstadt, und das ist nicht die einzige Eigentümlichkeit. Anders als in vielen Karnevalshochburgen regiert während der tollen Tage kein Prinzenpaar, sondern lediglich ein Prinz. Ihm zur Seite stehen zwei weibliche Pagen, die „Höpfer“ (Hüpfer). Und auch den Schlachtruf haben die Einwohner:innen wohl exklusiv: „Woesinge Ahoi!“ – „Wasungen Ahoi!“.

Anreise: z. B. ab Eisenach per RB bis Wasungen.

Studis bringen Leipzig zum Lachen

Anders als in den meisten deutschen Großstädten liegt der Karneval in Leipzig fest in studentischer Hand. Was bedeutet: Faschingsveranstaltungen werden von verschiedenen Fachrichtungen der Universität und der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur organisiert.

Klar, dass sich die Veranstaltungen stark vom klassischen Sitzungskarneval unterscheiden. Nix mit Prinzenpaar und Tanzmariechen. Die Aufführungen ähneln Comedy-Shows, in denen Sketche über Politik oder studentische Probleme inszeniert werden. Dazwischen sorgen Einlagen eines Männerballetts für Stimmung, doch auch studentische Büttenreden gehören zum Programm.

Den Studentenfasching gibt es in Leipzig übrigens seit mehr als 60 Jahren. Eine der traditionsreichsten Gruppen entstand aus der Hochschule für Bauwesen (Ba-Hu). Deren Elferrat tritt am 23. Februar („Großer Fasching“) im Werk 2 in Leipzig auf. Zuvor steigt im Täubchenthal in Leipzig die große Faschingsparty (10. Februar).

Anreise: zum Beispiel ab Leipzig Hbf per Straßenbahn bis Connewitzer Kreutz, danach noch 130 Meter zu Fuß bis zur Kulturfabrik Werk 2.

© Picture Alliance/Patrick Pleul
Gern gesehen: Ob im Spreewald oder in Cottbus beim „Zug der fröhlichen Leute” – an den Karnevalstagen zeigen sich sorbische Tanzgruppen in prachtvollen Trachten

„Fröhliche Leute“ sammeln Spenden in Cottbus

Der Karneval in Cottbus geht zurück auf sorbische Traditionen, die im Spreewald und in der Niederlausitz unter dem Namen „Zapust“ bekannt sind. Dazu gehörte der Zug junger Männer zu den Mädchen in der Spinnstube, oder der „Zamperzug“ verkleideter Männer zum Einsammeln von Spenden, mit Ende im Gasthaus zum Tanz. Noch heute werden die Bräuche bei Umzügen und Tanzveranstaltungen gepflegt, so auch in Cottbus, wo sich 1873 die erste Karnevals-Gesellschaft gründete. Nachdem die Aktivitäten unter dem DDR-Regime brach gelegen hatten, wurde die Tradition 1990 wiederbelebt. Heute ist der „Zug der fröhlichen Leute“ (11. Februar) der größte Karnevalsumzug im Osten Deutschlands.

Anreise: ab Cottbus Hbf per Tram in die Innenstadt.

Hinkommen mit dem Deutschland-Ticket:

Abo abschließen, einsteigen und losfahren. Das Deutschland-Ticket macht es möglich.

Es kostet 49 Euro monatlich und ist bundesweit überall im Nah- und Regionalverkehr gültig. Egal ob Sie mit Bus oder Bahn fahren, seit 1. Mai brauchen Sie deutschlandweit nur noch ein Ticket.
Das Deutschland-Ticket ist als monatlich kündbares Abonnement auf bahn.de erhältlich, außerdem unter anderem im DB Navigator und im DB Streckenagent.
Um Ihre Reise mit dem Deutschland-Ticket zu planen, setzen Sie in der Reiseauskunft auf bahn.de den Haken bei „Nur Nahverkehr“. In der App DB Navigator wählen Sie unterhalb der Datums- und Zeitauswahl die Filter-Fläche, dann unter „Optionen“ den Reiter „Verkehrsmittel“, wählen Sie dort den Schieber „Nur Nah-/Regionalverkehr“ aus.

Schreiben Sie uns!

Der Artikel hat Ihnen gefallen, Sie haben eine Frage an die Autorin/den Autor, Kritik oder eine Idee, worüber wir einmal berichten sollten? Wir freuen uns über Ihre Nachricht.