Hinab ins tiefschwarze Nass

Schienen, Loren, Abraumhalden: Das Bergwerk Nuttlar ist einer der spektakulärsten Tauchplätze Deutschlands

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Lesezeit: 3 Minuten
Björn Dorstewitz

Ein gelber Schiffscontainer steht zwischen dicken Felsen. Er sieht aus wie ein Alien, das von wuchtigen Gesteinsbrocken festgehalten wird. Es ist der Eingang zum Tauchplatz im ehemaligen Schieferbergwerk Nuttlar. Im Container treffen Taucher:innen die letzten Vorbereitungen: dicke Neoprenhandschuhe überziehen, in die Maske spucken, um später ein Beschlagen zu vermeiden, und das Atemgerät schultern. Auch Taucher:innen, die keine spezielle Ausbildung im Höhlentauchen haben, können es in Nuttlar ausprobieren.

Ins Bergwerk hinein kommt man auf der einen Seite des Containers, aus dem Tageslicht. Heraus geht man auf der anderen Seite, wo ein schlickiger Weg hinab führt in den Stollen und nur noch ein paar weiße Lampen das Dunkel erhellen. Im Wasser angekommen, dann  ein letzter Check, ob alles funktioniert, die Flossen werden angelegt, die Taschenlampe angeschaltet. Man gleitet hinab, das Wasser hat gerade mal sieben Grad. Unten ist es rabenschwarz, der Schiefer absorbiert jegliches Licht, nur der Strahl der Taschenlampe leuchtet aus, was hier 1985 aufgegeben wurde. In jenem Jahr ging die Bergbaufirma in Nuttlar pleite, und es scheint, als hätten die Arbeiter am letzten Tag einfach alles so gelassen, wie es war. Man sieht Rohre, Loren, Haken und Helme, die zurückgeblieben sind. 20 bis 50 Kubikmeter Grundwasser fluteten danach jeden Tag das Werk – nach sieben Jahren waren auf den zwei untersten Ebenen zwölf Kilometer an Schächten und Hallen vollständig mit Wasser bedeckt.

Schon seit dem 11. Jahrhundert wurde in den angrenzenden Dörfern Ostwig und Nuttlar Schiefer dazu genutzt, die Dächer der Häuser zu decken. Im 19. Jahrhundert entstand aus den vielen kleinen Tagebauen eine eigene Kommandit-Gesellschaft. Und bis zum Ende des Schieferbergbaus vor knapp 50 Jahren wurde das Gestein mit Muskelkraft über Schienen und in Loren hinausbefördert. Lange Zeit konnten auch Nicht-Taucher die Welt unter Tage erleben – die drei höher gelegenen Ebenen sind nicht von Grundwasser bedeckt. Für fast zehn Jahre lang fanden hier Hochzeiten und Kindergeburtstage statt. Derzeit ruht dieser Besucherbetrieb. Wer sich dennoch mal umschauen möchte: Die Filmemacherin Olivia Nigl hat einen Dokumentarfilm über das Schieferbergwerk Nuttlar gemacht.


Wie hinkommen:
Mit der Regionalbahn bis Bestwig, von dort fahren Busse zur Haltestelle „Bahnhof Nuttlar“, die nur fünf Minuten Fußweg vom Bergwerk entfernt liegt.
Aktuelle Informationen finden Sie auf www.bahn.de.

Für wen:
Hobbytaucher:innen mit der nötigen Erfahrung, etwas Mut und Neugierde; Geschichtsinteressierte, Bergwerkfans und Menschen, die wissen wollen, wie Deutschland von unten aussieht.

Besser nicht:
Auf Teufel komm raus abtauchen wollen. Obwohl dieses Bergwerk auch für Hobbytaucher:innen geöffnet ist, sollten nur halbwegs erfahrene Sportler:innen die Gelegenheit nutzen.

Mitbringen:
Passendes Tauchequipment, warme Wechselsachen und ein Heißgetränk für danach.

Was da noch geht:
Untertage kann man auch Hochzeiten oder Kindergeburtstage feiern.

Info:
www.schieferbau-nuttlar.de
tauchschule-sauerland.de

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