Wie viel umweltbewusster hat Corona uns gemacht?

An dieser Stelle schreiben Lisa Harmann und Katharina Nachtsheim abwechselnd rund ums Unterwegssein mit Kindern (und Mann). Heute fragt sich Lisa, wie sehr die Pandemie unser Umweltbewusstsein gestärkt hat

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Lisa Harmann und Katharina Nachtsheim

„Sag mal, habt ihr Motten zu Hause?“, fragt der Fußballtrainer meinen Sohn auf dem Platz, als er beim letzten Training aufs Spielfeld kommt. Etwas ratlos schaut mein Sohn an sich herunter. Der Trainer hilft ihm auf die Sprünge: „Na, wegen des Lochs in deinen Torwarthandschuhen und der abgewetzten Knie an deiner Torwarthose!“ Ganz ehrlich: Ihm selbst wäre das gar nicht aufgefallen.

Als Mutter bin ich natürlich kurz peinlich berührt, zwinkere ihm zu und sage, dass wir ja die alten Sachen mal durch neue ersetzen können. Aus Ästhetikgründen. Mein Sohn sieht das ganz anders: „Das sind meine Lieblingshandschuhe! Die haben schon total lange das Loch an der Seite, mich stört das gar nicht“, sagt er.

Können wir in diesem Moment nicht alle mal ganz kurz innehalten und uns eine Scheibe von dieser Kinderweisheit abschneiden? Brauchen wir wirklich immer alles neu, nur weil zum Beispiel der Grip nicht mehr stimmt oder der Sitz nicht mehr ganz ideal ist? Warum nicht auch mal Kompromisse eingehen für Dinge, die vielleicht nicht mehr perfekt, aber immer noch in Ordnung und voller Geschichte sind?

Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass mein Kind eine emotionale Bindung zu diesen orangefarbenen Torwarthandschuhen hat. Sie haben ihn in der letzten Saison begleitet, ihm in brenzligen Situationen Glück gebracht … „Du kannst ja mal schauen, ob du sie nähst, wenn du das Loch unbedingt weghaben willst, Mama.“

Eine super Einstellung, finde ich und bin stolz auf meinen Sohn. Gelebte Nachhaltigkeit ganz ohne Ideologie oder Hintergedanken, aus dem Innersten heraus. Und was wir hier von den Kindern im Kleinen lernen, hat uns auch die Coronazeit in etwas größerem Maße gezeigt, oder? Wir wussten in der Theorie ja längst, was alles an Klimaschutz möglich sein könnte, aber erst durch die Lockdowns haben wir so richtig auch in der Praxis gemerkt, was alles geht – wenn es eben nicht anders geht.

Es braucht nicht mehr den schnellen Inlandsflug, vieles lässt sich einfach per Videokonferenz klären. Es braucht nicht das tägliche Pendeln ins Büro, wenn es auch die Möglichkeit zum Homeoffice gibt. Es braucht nicht das eigene Auto, wenn es Carsharing gibt oder die Bahn eine gute Verbindung bietet. Veranstaltungen können digital stattfinden, das Büro kann auch mal in den Zug verlegt werden. Es geht also wirklich, das mit dem Umweltschutz. Wenn man nur will. Oder muss. Reisen wird viel bewusster mit der Frage im Hintergrund, ob es wirklich nötig ist.

Manchmal braucht es so wenig, um so viel zu erreichen. Es braucht nicht sofort neue Torwarthandschuhe, wenn mal ein Loch drin ist. Es braucht kein neues Bastelmaterial, wenn im Keller noch uralte Pappteller von anno dazumal rumfliegen – die werden einfach in Clownsgesichter verwandelt. Wenn wir mal genau schauen, was wir wirklich alles haben, dann lässt sich daraus unglaublich viel machen.

Es braucht auch nicht immer neue Klamotten, wenn der große Cousin gerade wieder Kleidung aussortiert hat; die Läden waren ja eh lang geschlossen. Es braucht kaum gekauftes Spielzeug, wenn sich ein Gummiband an einem Ball befestigen lässt oder eine Kordel zwischen zwei Joghurtbechern, um darüber per „Funk“ zu kommunizieren (was hatten wir Kinder früher Spaß damit!). Und es braucht auch keine eigenen motorisierten Untersätze, wenn der öffentliche Nahverkehr funktioniert. Es ist schon so viel da. Wir müssen den Weg in Richtung Nachhaltigkeit, zu dem Corona uns gewissermaßen gezwungen hat, jetzt einfach freiwillig weitergehen.

 

Wo uns Corona als Familie umweltbewusster gemacht hat:

  • Weniger, bewusstere Reisen
  • Flugreisen nur, wenn nötig
  • Bahn statt Inlandsflüge
  • Homeoffice statt Pendeln
  • Secondhand statt neue Kleidung
  • Löcher flicken statt Neuanschaffung
  • Digitale Meetings statt Liveveranstaltungen
  • Recycling von Keller-Staubfängern
  • Spielen und Basteln mit bereits Vorhandenem
  • Weniger ist mehr

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