Kann uns Fußball etwas über das Leben lehren?

An dieser Stelle schreiben Lisa Harmann und Katharina Nachtsheim abwechselnd rund ums Unterwegssein mit Kindern (und Mann). Heute fragt sich Lisa, was wir vom Fußball lernen können – übers Reisen und übers Leben

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Lisa Harmann und Katharina Nachtsheim

Wenn ich meine Söhne frage, dann ist Fußball die Antwort auf fast alles. „Worauf hast du Lust?“ „Fußball.“ „Was möchtest du werden?“ „Fußballprofi.“ „Wo fieberst du am meisten mit?“ „Bundesliga.“ „Wie lernst du für Erdkunde?“ „Indem ich mir die Fußballmannschaften der Orte anschaue.“ „Was machst du für Mathe?“ „Ich rechne die möglichen Abstiegsvarianten meines Lieblingsvereins aus.“ „Lernst du etwas auswendig?“ „Ja, die aktuelle Tabelle.“

Der Fußball gehört zur DNA meiner Söhne. Und mich haben sie zu ihrer Soccer Mom gemacht: zu einer Mutter, die keines ihrer Spiele verpasst, die am Spielfeldrand schon vor Corona immer anderthalb Meter Abstand zu anderen Zuschauern brauchte, weil sie bewegungsreich mitfiebert, regelrecht mitkickt, weil sie voll bei der Sache ist.

Wer sich einmal reinkniet in diese Sportart, der bemerkt schnell, wie viel uns der Fußball über das Leben erzählt. Dass Integration möglich ist zum Beispiel. Dass manche es wirklich vom Tellerwäscher zum Millionär bringen. Dass Fairness entscheidend ist. Dass ohne Teamgeist nichts geht. Dass sich Geduld und Ausdauer auszahlen. Dass gesunder Ehrgeiz und Disziplin nötig sind. Dass es sich lohnt, nach einem Verlust wieder aufzustehen und weiterzumachen. Dass Siegen nicht alles ist. Dass es Kommunikation und Kompromisse braucht. Dass Motivation Berge versetzen kann.

Die Begeisterung für Fußball hatte ich bereits, bevor ich Mutter wurde. Den Zugang verdanke ich vor allem meinem großen Bruder. Während er mit seinen Kumpels im Verein kickte, fuhr ich auf meinem Einrad um den Platz herum und schaute zu. So oft, dass ich sogar als Fan mit auf die Mannschaftstouren durfte. Später gründete ich zusammen mit Freundinnen die erste Frauenfußballmannschaft vor Ort, nahm mangels praktischen Talents dann aber doch wieder Platz an der Seitenlinie. Es braucht ja auch gute Fans. Schließlich wurden meine Eltern Gastfamilie des 1. FC Köln, und so wohnten immer ein, zwei, manchmal drei junge Fußballtalente bei uns auf dem Hof.

Fußball öffnet Türen und verbindet. Für unsere Familie galt das schon immer. Und wenn ich heute mit meinen eigenen Kindern auf Reisen bin, wird uns das besonders deutlich. Denn oft braucht es keine Sprache, um sich verständigen zu können – sondern nur einen Ball. Egal, ob in Rom auf dem Petersplatz, in Paris im Park am Eiffelturm oder auf Norderney am Strand: Sobald ein Kind einen Ball dabeihat, sammeln sich andere Kinder und spielen mit.

Die Sprache des Fußballs ist international. Bei Toren gibt’s Jubel, nach Fouls reicht man sich die Hand, bei Niederlagen wird Mut machend abgeklatscht. Und: Lachen geht immer! Im Urlaub mit unseren Jungs gibt es kein „Aber ich versteh den doch nicht“. Da wird einfach losgelaufen, da entstehen Sympathien, da wird mit Gesten verhandelt statt mit Worten. Fußball trennt keine Milieus, nach Bildungsstand und Herkunft wird gar nicht erst gefragt.

„44 Beine
kämpfen um die kleine
Lederkugel auf
dem Fußballfeld“

So tönte es in meiner Kindheit nahezu täglich aus unserem Kassettenrekorder. Wer spielt, gehört dazu. Wer sich abmüht, bekommt die Rückendeckung des Teams. Und wo Grenzen sind, werden sie eben kreativ gesprengt. Ist das nicht genau die Haltung und die Art von Toleranz, die wir uns für das Leben auch außerhalb des Fußballplatzes wünschen?

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