Steffen Hallaschka

DB MOBIL trifft den „stern TV“-Moderator am Bahnhof Hannover. Der Journalist erklärt, was er für den Kurzschlaf im Zug braucht – und warum ein Sarg in seinem Arbeitszimmer steht

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Datum: 17.11.2023
Lesezeit: 3 Minuten
Steffen Hallaschka läuft über den Bahnsteig mit einem Koffer in der Hand, hinter ihm ein IC
© Anna Sola
Umstieg Hannover: Normalerweise fährt Steffen Hallaschka von Hamburg-Altona direkt nach Köln. An diesem Tag ging die Reise zunächst frühmorgens nach Göttingen, wo eines seiner Kinder von den Großeltern empfangen wurde. Anschließend setzte er seine Fahrt nach Köln in Hannover fort.

Herr Hallaschka, wohin geht die Reise? 

Wie jede Woche um diese Zeit nach Köln zur Arbeit. Seit bald 13 Jahren fahre ich dorthin, um „stern TV“ zu moderieren.

Fühlt sich das denn noch nach Reisen an? Oder eher wie eine sehr lange Pendelfahrt zur Arbeit?

Eine Mischung aus beidem. Ich freue mich jede Woche aufs Neue, weil ich gerne Zug fahre und mich dabei lange am Stück ungestört meiner Vobereitung widmen kann. Es hat aber auch eine Routine, die an S-Bahn-Fahrten zur Arbeit erinnert. Ich steige selten mehr als 60 Sekunden vor Abfahrt in den Zug und halte mich vor Abfahrt auch nicht länger als nötig am Bahnhof auf. Da mein Zug in der Regel an meinem Heimatbahnhof Altona eingesetzt wird, finde ich eigentlich auch immer einen Platz.

Welche Routinen haben Sie an diesem Tag?

Auf jeden Fall kaufe ich mir noch ein Brötchen am Bahnhof. Vor meiner Abfahrt kümmere ich mich nämlich erst mal um alles Familiäre, zum Beispiel darum, die Kinder für Schule und Kita fertig zu machen. Deshalb frühstücke ich dann erst während der Fahrt. Einen Kaffee bestelle ich mir im Zug zum Platz.

Und dann? Genießen Sie erst einmal die Ruhe?

Wenn es die Woche hergibt und die Nacht kurz war, gönne ich mir schon mal eine halbe Stunde Nickerchen.

Das klappt?

Ja, problemlos. Früher bin ich mit Nackenkissen gereist, jetzt habe ich noch eine Schlafbrille dabei, falls es zu hell ist. Aber ehrlichweise brauche ich selbst die nicht mehr. Ich bin ein so erprobter Powernapper, ich könnte inzwischen auch im Stehen schlafen.

Was kommt nach dem Schläfchen?

Ich nehme an der ersten Redaktionskonferenz des Tages teil. Früher habe ich mich schon gegen sechs Uhr in den Zug gesetzt, um pünktlich zum Meeting in Köln zu sein. Jetzt wähle ich mich von meinem rollenden Schreibtisch aus ein. Danach schreibe ich E-Mails, telefoniere und lese.

Und ab zu ein Blick aus dem Fenster?

Ich konzentriere mich schon eher auf andere Dinge während der Fahrt. Zwischen Hamburg und Köln gibt es auch nicht so viel Spannendes zu sehen. Anders als zum Beispiel zwischen Köln und Frankfurt, wenn man irgendwann an der Loreley vorbeikommt, da lohnt sich ein Blick nach draußen. Vor ein paar Jahren bin ich nach Prag gefahren – eine wunderschöne Strecke.

Sie sind also eher bei sich beim Bahnfahren? Oder kommen Sie auch mal ins Gespräch?

Ich kommuniziere in meinem Beruf wahnsinnig viel, deshalb bin ich ganz froh, wenn ich in der Bahn Zeit für mich habe. Je mehr ich in diesen vier Stunden Schreibtischzeit schaffe, umso mehr kann ich in der übrigen Zeit der Woche für andere da sein, beruflich und privat. Manchmal kommen aber auch Leute und wollen einen Schnack halten, einige sind überrascht, mich im Zug zu treffen.

Wie viele Themenvorschläge für die Sendung bekommen Sie vorgetragen?

So einige. Oft sind das persönliche oder regionale Geschichten, die nicht so recht in ein deutschlandweites Format passen oder filmisch nicht zu erzählen sind. Man kann das Tollste erlebt haben, aber wenn es zum Beispiel von einer Weltreise keine Filmaufnahmen gibt, können wir die Geschichte nicht erzählen. Außerdem: Nicht nur ich entscheide über Themen, sondern die ganze Redaktion.

Stellen Sie denn außerhalb Ihrer Sendung fremden Menschen gerne Fragen?

Ich glaube schon, dass es bei mir einen professionellen Reflex gibt, schneller vorzustoßen zu Themen, die Menschen bewegen oder begeistern, wenn ich mit ihnen rede. Ich nutze die Chance auch gern, um dazuzulernen, wenn mir etwa ein Autohändler oder Handwerker etwas über seine Branche erzählt. Manchmal drucksen Menschen auch herum, und man merkt, sie möchten etwas loswerden. Denen biete ich gerne das Gespräch an, weil ich es falsch finde, wenn man sich nicht traut, über Themen zu sprechen.

Trauen ist ein gutes Stichwort: Im März ist die Doku-Serie „Sterben für Anfänger“ bei RTL+ erschienen, in der Olivia Jones und Sie sich der eigenen Angst vor dem Tod stellen und Menschen treffen, die todkrank sind, oder solche, die mit Kranken und Toten zu tun haben. Inwiefern ist das Thema noch präsent in ihrem Alltag?

Während ich sonst selten Themen aus der Sendung in mein Privatleben mitnehme, hat mich diese Arbeit sehr verändert. In meinem Arbeitszimmer steht nun ein Sarg, den ich selbst gebaut habe. Nicht als Showeffekt, sondern weil ich weiß, dass ich meiner Familie damit schon mal eine Aufgabe abgenommen habe für den Tag X. Ich befasse mich viel mehr mit dem Thema Tod, dieses Sprechen über Endlichkeit finde ich wohltuend. Als ich 18 war, ist mein Vater gestorben, und keiner meiner Mitschüler wusste, wie er mir begegnen sollte. Nur mein bester Freund von nebenan hat geklingelt und war da. Das reicht meistens schon: seine Präsenz anbieten.

Was braucht es denn noch im Umgang mit todkranken Menschen und angehörigen Trauernden?

Die meisten Betroffenen sind wahnsinnig dankbar, wenn da jemand ist, der ihnen angstfrei ermöglicht, überhaupt mal zu reden. Natürlich ist ihr Schicksal tragisch, aber manchmal möchten sie sich einfach Ängste und auch andere Gefühle von der Seele reden oder Zerstreuung und Ablenkung erfahren. Ich glaube, ich würde mich sogar inzwischen auch jenen als Gesprächspartner anbieten, die alles verdrängen. Alles ist besser, als dem Tod mit verschlossenen Augen entgegenzulaufen. Sterben müssen wir schließlich alle. Augen auf und sprechen. Damit kriegt der Tod schon ein paar Prozentpunkte seines Schreckens abgezogen.

Nachhaker

Fürchtet sich nicht vor schweren Themen: Der Moderator Steffen Hallaschka empfängt nicht nur seit 2011 Gäste bei „stern TV“; in diesem Jahr begab er sich für die Doku-Serie „Sterben für Anfänger“ (RTL+) gemeinsam mit Olivia Jones auf Konfrontationskurs mit dem Tod.  Unter anderem beobachteten sie eine Obduktion und besuchten eine schwer krebskranke junge Frau. Die Serie wurde mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet.

Podcast: 
Sie wollen mehr über Steffen Hallaschka erfahren? Dann hören Sie doch mal in den DB MOBIL-Podcast „Unterwegs mit  ...“ rein, bei dem er gerade zu Gast war.

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