Haarige Vergangenheit, bunte Zukunft

Der Bärenzwinger im Köllnischen Park in Berlin-Mitte: Wo man Wappentiere vorführte, herrscht jetzt die Kunst

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Robert Eckstein

„Bitte nichts in das Freigehege werfen! Unsere lieben Bärenkinder sollen gut gedeihen“. Diese freundliche Ermahnung steht auf der Klinkerwand über dem spitz zulaufenden Torbogen. Nur: Bären sind in dem umzäunten, etwas verwucherten Gehege in der Grünanlage im Bezirk Mitte nahe des Märkischen Museums weit und breit nicht in Sicht. Und das ist auch gut so, würden Tierfreunde sagen, denn die überschaubare Anlage wirkt aus heutiger Sicht wenig artgerecht. Doch es ist noch nicht so lange her, da tappten hier Pfoten, schubberten sich Bären den Pelz. Die letzte Berliner Stadtbärin, „Schnute“ genannt, wurde im Oktober 2015 eingeschläfert. Sie wurde stattliche 34 Jahre alt und soll am Ende unter Arthrose gelitten haben. Der Bärenzwinger jedoch ist geblieben. Der Klinkerbau, wo einst Käfige und Funktionsräume untergebracht waren, sowie zwei Außenflächen und Wassergräben stellen ein Stück Berliner Geschichte dar. Nun soll sich daraus ein Kulturstandort unter Denkmalschutz entwickeln, „ein Lehr- und Lernort“, heißt es im Bezirksamt Berlin-Mitte, dem der Zwinger gehört. Erste Ausstellungen mit „ortsspezifischer zeitgenössischer Kunst“ gab es schon, auch eine umfassende Sanierung des Parks ist für 2021 geplant.

Informationstafeln erklären, wie wichtig der Bär als Wappentier für die Berliner war und ist. Laut Bärenfreunde-Verein stammt das älteste bekannte Bärensiegel Berlins vom 22. März 1280. Der Zwinger in seiner heutigen Form wurde 1939 unter Anteilnahme der Bevölkerung und mit Gedöns der NS-Stadtfunktionäre eröffnet; ein zuvor von der Straßenreinigung genutztes Gebäude war dafür umgebaut worden. Im Krieg zerstört, 1949 wiedererrichtet, war der Zwinger jahrzehntelang Heimat für „Jette“, „Alex“, „Piefke“ und andere Bären. Nach der Wiedervereinigung mehrten sich die kritischen Stimmen über die Tierhaltung im Zwinger. 2010 war es mit den öffentlichen Feiern zum Ehren-Bären-Tag am 22. März vorbei. Ein Besuch im Köllnischen Park lohnt heute noch aus anderen Gründen: Das Lapidarium zeigt steinerne Schmuckstücke, die ursprünglich an repräsentativen Bauten hingen, sowie einzelne Skulpturen, einen Renaissance-Brunnen und den Wusterhausener Bär, einen kleinen Ziegelturm, Überbleibsel der Festungsanlagen.

Wie hinkommen:
Berlin Hauptbahnhof; dann mit der S-Bahn bis Bahnhof Jannowitzbrücke. Aktuelle Informationen unter www.bahn.de.

Für wen:
Berlin- und Bären-Begeisterte; und alle, die sich für progressive Stadtteilkultur interessieren.

Insta-tauglich?
Da geht noch was: 262 Einträge, 2190 Abonnenten (Stand: Ende 2020) – noch ein echter Insta-Geheimtipp im Berlin-Kosmos.

Was muss ich noch wissen?
Der Name des Parks hat indirekt mit der rheinischen Domstadt zu tun. Er bezieht sich auf Kölln, Berlins 1237 als „colonia juxta Berlin“ erstmals erwähnte Nachbarstadt, die 1710 zum eingemeindeten Staddteil Alt-Kölln wurde.

Weitere Informationen finden Sie unter: https://www.berliner-baerenfreunde.de/

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