„Frauen sollten stolz sein dürfen“

Garima Sharma leitet die globalen Personaldienste bei DB Schenker, der Logistiksparte der DB. Weibliche Führungskräfte fördert sie besonders. Uns verriet sie Erfolgsrezepte einer Weitgereisten.

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Datum: 23.03.2021
Lesezeit: 5 Minuten
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Normalerweise nimmt Garima Sharma ihre Verpflichtungen persönlich und vor Ort wahr. Normal ist derzeit jedoch nichts. Und so muss das Gespräch mit der Topmanagerin des Logistikdienstleisters DB Schenker über Frauen in Führungspositionen via Rechner stattfinden. Aufgeräumt und mit einem strahlenden Lächeln erscheint Sharma auf dem Bildschirm. Doch klar ist auch: Ein Smalltalk wird das nicht. Sie streicht sich eine Strähne aus dem Gesicht, los geht’s.

Sharma ist in Indien geboren und bezeichnet sich selbst als Weltbürgerin. Sie arbeitete in Indien für Unilever, in Singapur für IBM und in Frankfurt am Main für die Deutsche Bank, ehe sie zu DB Schenker stieß. Der weltweit tätige Transportkonzern mit Sitz in Essen gehört seit 2002 zur DB, Sharma leitet als Vice President Global HR Services die Personaldienste für die mehr als 70.000 Mitarbeiter. Mit ihrem rund 50-köpfigen und über die Welt verteilten Team treibt sie die Digitalisierung der Personalprozesse voran. In enger Abstimmung mit der IT schafft sie Lösungen, die den Arbeitsalltag der Mitarbeiter erleichtern sollen, zum Beispiel die Umstellung auf elektronische Gehaltsabrechnungen.

Sharma spricht Hindi, Englisch und Deutsch, ihren internationalen Stationen verdanke sie eine ihrer besten Fähigkeiten: „Wenn man so viele Länder und Kontinente bereist hat, entwickelt man ein Gespür für Menschen. Das hat mir in meiner Laufbahn sehr geholfen.“ Konfliktfrei verlief dieser Weg nicht immer.

Einerseits würden Frauen in Führungspositionen bewundert und von vielen Kollegen unterstützt, so Sharma. „Auf der anderen Seite musste ich lernen, dass es in vielen großen Unternehmen politisch zugeht, dass sich Menschen mit einer gewissen Verantwortung und Macht schnell bedroht fühlen, obwohl das natürlich Unsinn ist.“ Das könne Frauen einschüchtern, doch davon dürfe man sich nicht beirren lassen. „In solchen Momenten versuche ich, meinem Gegenüber klarzumachen, dass wir ein Team sind. Dafür muss manchmal erst eine Mauer durchbrochen werden, und das ist anstrengend und auch nicht fair. Frauen sollten stolz auf das sein dürfen, was sie erreicht haben.“

Sharma habe jedoch auch häufig die Erfahrung gemacht, dass die Geschäftswelt mit Unsicherheit auf starke Frauen reagiert. „Ich habe das Gefühl, dass von weiblichen Führungskräften teilweise verlangt wird, ihre männlichen Pendants zu imitieren. Ich möchte meine Weiblichkeit aber nicht unterdrücken müssen. Sie steht für Vielfalt und für Werte, die mich ausmachen.“

Dass Veränderungen nötig sind, daran erinnert jährlich der Internationale Frauentag am 8. März. Ob auf Führungsebenen in Unternehmen oder in Parlamenten: Selten liegt der Frauenanteil hierzulande bei mehr als einem Drittel. „Frauen sollten viel mehr ermutigt werden“, sagt Sharma. „Und wie? Indem ich ihnen sage, dass sie alles tun und werden können, was Männer auch tun und werden.“ Deshalb verbringe sie einen Großteil ihrer Freizeit damit, weibliche Nachwuchskräfte zu coachen – informell, im privaten Rahmen, etwa indem sie junge Frauen auf Vorstellungsgespräche vorbereitet. „Das Problem ist, dass viele Frauen ihren Wert nicht kennen. Sie unterschätzen sich und reden nicht gern über ihre Erfolge. Anstatt zu sehen, was sie alles können, konzentrieren sie sich darauf, was sie nicht können.“

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Sharmas Team bei DB Schenker ist bunt gemischt – Männer und Frauen, junge Kolleginnen, aber auch „Unternehmensveteranen“, wie sie sagt, und natürlich gebe es Mitarbeiter in persönlichen Krisen. Achtsamkeit zähle daher zu den Grundkompetenzen in ihrer Position. Während des ersten Lockdowns fühlte sich einer ihrer Mitarbeiter einsam, weil er von seiner weit entfernt lebenden Familie getrennt war. Er sagte es nicht, aber sie bekam es mit. „Ob als Vorgesetzte, Kollegin oder Freundin, die Botschaft muss lauten: Ich bin für dich da. Also riet ich ihm, in seine Heimatstadt zu reisen, sobald die Ausgangssperren gelockert würden. Für mich änderte sich damit nichts, für ihn aber alles.“

Sharma ist gewinnend, im Gespräch locker, gibt bereitwillig ein paar Ein­blicke in ihr Privatleben. Sie pendelt in zweiwöchigem Rhythmus zwischen ihrem Wohnort Frankfurt und Essen, jenseits ihres Jobs verbringt sie am liebsten Zeit mit ihrem Partner und ihrem 18-jährigen Sohn. Frage zum Schluss: Was rät sie ehrgeizigen Kollegen, ob Mann oder Frau? „Was immer du tust, tue es mit Leidenschaft. Versuche, die oder der Beste zu werden.“ Vor allem jungen Frauen gebe sie mit auf den Weg, intensives Networking zu betreiben – und zu fragen, viel und oft. Das Wichtigste sei in ihren Augen jedoch, so zu agieren, „dass man der Gesellschaft und den Menschen um einen herum etwas zurückgibt“.

Die DB verfolgt das Ziel, den Frauen­anteil in Führungspositionen bis 2024 von 20 auf 30 Prozent anzuheben.

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