Urlaub mit Sinn: Mehr als Strand und Palmen

In den Ferien die Füße hochlegen? Immer mehr Menschen reicht das nicht. Sie wollen im Urlaub beim Naturschutz helfen, Kochen lernen oder die große Liebe finden. Fünf Trends für den etwas anderen Urlaub – was sie bringen und worauf Sie achten sollten

Von:
Lesezeit: 6 Minuten
Jake Baggaley
Jenoa Matthes
Urlaub mit Mehrwert: In Paris können Süßmäuler lernen, wie man Macarons backt

1. Etwas Neues lernen

Ja, es gibt die Gewohnheitstiere. Aber die meisten Reisenden sind neugierig auf eine neue Umgebung und bereit, sich auf Ungewohntes einzulassen. Warum nicht im Urlaub einem lang gehegten Wunsch Flügel verleihen? Mit dem Wellenreiten anfangen oder Italienisch lernen. Sprachreisen sind sehr beliebt. Denn wer eine Sprache im Mutterland lernt, hat viele Gelegenheiten, das Gelernte anzuwenden. Sie möchten Ihr Schulspanisch oder -Englisch auffrischen? Dann sind Sie schon mit einem einwöchigen Kurs gut bedient. Sprachschulen empfehlen Anfänger:innen, zweiwöchige Kurse in Minigruppen zu belegen, damit sich die ersten Kenntnisse festigen.

Um einen Segelschein zu machen, reicht schon ein Trip an die Ostsee. Die Yachthafenresidenz Hohe Düne bietet auch Kindern die Möglichkeit, erste Erfahrungen zu sammeln. Kleiner Tipp: Damit das Büffeln der Theorie während des Urlaubs entfällt, empfiehlt es sich, die Theorieausbildung vor der Abreise zu erledigen. Töpfern klingt altbacken, ist aber wieder sehr beliebt, denn die Arbeit an der Tonscheibe, wie sie zum Beispiel auf dem bayerischen Künstlerhof „Keramik Auf der Spek“ gelehrt wird, kann sehr entspannend sein.

Viel Lernbegierde richtet sich auf kulinarische Angebote. In Paris zeigt das Warenhaus Galeries Lafayette Interessierten, wie Teig und Füllung für luftig-leichte Macarons entstehen. Und in der Toskana lädt das Landgut Il Borro dazu ein, die italienische Kochkunst auszuprobieren oder unter Anleitung Trüffel aufzuspüren.

ERLEBNISFAKTOR
Hoch. Mit dem ersten Erfolg steigt die Lust weiterzumachen. Schöner Nebeneffekt: In den Kursen lernt man neue Leute kennen.

ZU BEACHTEN
Gute Sprachreise-Anbieter:innen informieren vor Buchung umfassend über die Einzelheiten der Kurse und Freizeitaktivitäten.

UND DANACH
Dranbleiben: sich zu Hause eine Sprachgruppe suchen, neue Fertigkeiten Freund:innen zeigen. Kommt beim Kochen besonders gut an.

Georg Tappeiner
Spa mit Ausblick: Im Hotel Vigilius funkt nichts dazwischen

2. So richtig abschalten
Irgendein elektronisches Endgerät pingt und blinkt ja immer – auch im Urlaub schaffen es viele nicht, digital enthaltsam zu leben und sich wirklich zu entspannen. Da helfen nur drastische Maßnahmen, wie der Rückzug in alpenländische Abgeschiedenheit: Zum Vigilius Mountain Resort in Südtirol etwa zuckelt ausschließlich eine Seilbahn den Hang hinauf. Auch die elektronische Verbindung zur Außenwelt wird eingeschränkt: Um 23 Uhr geht im Vigilius nicht das Licht, aber das WLAN aus. Das Hotel „Der Löwe“ in Leogang im Salzburger Land geht noch einen Schritt weiter: Wählt der Gast das Digital-Detox-Angebot, also digitales Fasten, werden bei der Ankunft alle Geräte mit Internetzugang einkassiert. Langweilig wird es hier wie dort trotzdem nicht. Die Stunden, die sonst vor dem Bildschirm verstreichen, kann man Wellness, Meditation, Schwimmen und natürlich dem Wandern und anderen Outdoor-Aktivitäten widmen.

ERLEBNISFAKTOR
Naturgemäß niedrig, aber nicht gleich null. Denn ohne Ablenkung macht man neue Bekanntschaft – mit sich selbst.

ZU BEACHTEN
Runterkommen dauert. Man muss das eigene Tempo finden – Entspannung ist schließlich kein Wettbewerb.

UND DANACH?
Vorsicht, Jo-Jo-Effekt! Kehrt der Stress zurück, muss man auch im Alltag Detox-Konsequenzen ziehen. Stichwort: Internet-Zeitschaltung.

Radek Lokos
Mitten im Wald: das Haus Somewhere Elz mit Sonnenterrasse und behaglichem Co-Working-Space

3. Mit Vergnügen an die Arbeit
Warum nicht zwischendurch das Büro dahin verlegen, wo man eigentlich gern im Urlaub sein würde? Seit das Arbeiten mobiler geworden ist, ergeben sich immer mehr neue Möglichkeiten, die Aufgaben des Lebens mit seinen schönen Seiten zu verbinden. Workation – gebildet aus Work (Arbeit) und Vacation (Ferien) – ist ein Trend, auf den sich immer mehr Regionen und Unterkünfte einstellen. So versteht sich die Gemeinschaft Coconat im Gutshof Klein Glien als „Ort für konzentriertes Arbeiten auf dem Land“. Das Anwesen bei Bad Belzig in Brandenburg bietet Zimmer und Co-Working-Spaces für Job und Austausch mit anderen. Zum Ausgleich werden Yogakurse, Wanderungen und Radtouren angeboten.

Mitten im Schwarzwald, zwischen Tannen und Fichten, liegt das Haus Somewhere Elz, das einerseits modern ausgestattete Büros bereithält, andererseits mit Kaminlounge und Sauna, Flussbaden und Aktivitäten wie Mountainbiken für Abwechslung sorgt. Und mit Strandfeeling punktet das Project Bay auf Rügen, das neben Arbeitsplätzen mit direktem Ostseezugang auch mit einer Werkstatt für kreative „Maker“ lockt, die für ihr Projekt Holzfräse, Schweißgerät oder 3-D-Drucker brauchen.

ERLEBNISFAKTOR
Mittel. Es ist immer noch Arbeit, aber mitten in der Natur, das kann beruhigend wirken. Vielleicht entsteht zwischen Co-Working-Space und Surfstrand ja die große Geschäftsidee.

ZU BEACHTEN
Damit es nicht nur Arbeit in anderer Umgebung wird und man etwas vom Tapetenwechsel hat, sollte man auch in neuer Umgebung Arbeit und Urlaub klar trennen und sich für beides feste Zeiten einplanen.

UND DANACH
Warum kann ich nicht immer so arbeiten? Workation birgt Suchtgefahr. Und ist vielleicht ein guter Impuls, um den eigenen Berufsalltag einmal neu zu justieren.

Werner Kraeutler
Aufräumen am Hang: Freiwillige entfernen Sträucher im Inneren Valsertal

4. Im Urlaub etwas Gutes tun
Hitzesommer, Artensterben, Menschen auf der Flucht. So viele Krisen, da muss man doch etwas tun. Nur wann, wenn im Alltag die Zeit fehlt? Genau, im Urlaub hat man ein paar Wochen Zeit, da kann man endlich anpacken. Man nennt das Voluntourismus, abgeleitet von Volunteer Work, englisch für Freiwilligenarbeit, und Tourismus. Die großen Probleme lassen sich natürlich nicht in zwei Wochen lösen. Aber nützlich machen kann man sich schon – und Tatkraft bei sozialen, ökologischen und kulturellen Projekten einbringen. Netter Nebeneffekt, den auch Studien belegen: Helfen macht glücklich!

Der Verein Erlebnis Archäologie zum Beispiel bietet Ferien auf Ausgrabungsstätten in Europa an. Die Helfer:innen graben etwa auf dem Kahlenberg im Saarland historische Fundstücke aus und lernen dabei von Profis. Wer sich im sozialen Bereich engagieren möchte, sollte sich den Begriff „Workcamp“ merken. Unter dieser Bezeichnung findet man viele Voluntourismus-Angebote. Sie richten sich oft an junge Erwachsene. Zum Beispiel lädt „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“ zu Sommerlagern ein, wo Freiwillige in zwei Wochen eine Gedenkstätte renovieren.
Auch bei zahlreichen Naturschutzprojekten lokaler Initiativen kann man die Ärmel hochkrempeln. In der „Schule der Alm“ im Valsertal lernen die Teilnehmer:innen die Tier- und Pflanzenwelt der Alpen kennen. Danach beschneiden sie wuchernde Sträucher. Das erhält die saftig blühenden Wiesen, die Teil des Kulturerbes der Gegend sind. Wer hilft, macht unweigerlich zugleich Aktivurlaub: Nach getaner Arbeit schläft man wie ein Stein – und das mit gutem Gewissen.

ERLEBNISFAKTOR
Hoch. Neue Erfahrungen in einer Gruppe von Freiwilligen – und ein gutes Gefühl obendrauf.

ZU BEACHTEN
Manche Angebote schaden mehr, als sie nutzen. Vor der Reise zu klären: Wer steckt hinter den Angeboten? Bringt das wirklich etwas?

UND DANACH
Hilfsorganisationen freuen sich auch in der Heimat über helfende Hände.

Jake Baggaley
Schön abgelegen: Schwedens Schären zählen zu beliebten Zielen für Single-Reisen

5. Wo die Liebe hinfährt
Das Schöne am Reisen: Man weiß nie, wem man begegnet. Vielleicht sogar der großen Liebe? Die Wahrscheinlichkeit, auf Alleinreisende zu treffen, steigt jedenfalls mit der jährlich wachsenden Zahl der Einpersonenhaushalte in Deutschland (etwa 16,7 Millionen, Stand: 2021). Und wo sonst können sich Menschen unbeschwerter kennenlernen als auf gemeinsamen Ausflügen oder bei sportlichen Aktivitäten?
Viele Hotels bieten inzwischen Single-Tarife (und -Wochen) an, und manche:r Veranstalter:in versucht, dem Partnerschaftsglück gezielt auf die Sprünge zu helfen. Hüttenleben zum Beispiel: Der Spezialist für Outdoor-Solo-Reisen versammelt Urlauber:innen in kleinen Gruppen für Hütten- und Schneeschuhtouren durch die Allgäuer Alpen – Nachtwanderungen inklusive.

Auf Sport als Bindeglied setzt auch Rucksack Reisen – und schickt Singles auf Kajaktrips in Schwedens Schärengärten. Andere Veranstalter:innen bieten mehrtägige Segeltörns auf der Ostsee – auch ein guter Test, schließlich gilt Segeln wegen der Teamarbeit und der Unterbringung der Crew auf engstem Raum als Charakterprüfung. Gefragt sind auch Camps in Portugal, in denen Alleinreisende das Wellenreiten erlernen können. Es geht auch ohne Sport. Einige Ferienklubs etwa bieten „Single mit Kind“-Zimmer an. Und selbst wer nicht in der Gruppe, sondern allein unterwegs ist, findet mit Dating-Apps wie Meet-up schnell Kontakt zu Einheimischen und zu anderen Reisenden.

ERLEBNISFAKTOR
Hoch. Kontakten, feiern, flirten – vieles geht auf Gruppenreisen mit Singles. Wichtig dabei: offen sein und nicht zu viel erwarten.

ZU BEACHTEN
Eine Gruppe sollte annähernd zur Hälfte aus Männern und Frauen bestehen, die Altersstruktur einigermaßen homogen sein.

UND DANACH?
Hat nicht gefunkt? Macht nichts, in der Gruppe lernen Singles viel über sich selbst. Das hilft auch zu Hause bei der Partner:innensuche.
 

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