Wie unterstützen wir unsere Kinder in ihren Überzeugungen?

An dieser Stelle schreiben Lisa Harmann und Katharina Nachtsheim abwechselnd rund ums Unterwegssein mit Kindern (und Mann). Heute fragt sich Katharina, wie wir unsere Kinder darin bestärken, für ihre Überzeugungen einzustehen.

Von:
Lesezeit: 3 Minuten
Lisa Harmann und Katharina Nachtsheim

Kürzlich kam meine älteste Tochter ziemlich kleinlaut aus der Schule. Nach ihrem missmutigen Gesichtsausdruck zu urteilen, vermutete ich eine verhauene Mathearbeit, Zoff mit ihren Klassenkamerad:innen oder zumindest Unmut über das Pausenbrot, das ihr nicht geschmeckt hatte.
Natürlich fragte ich sie, was los sei – und nach einigem Rumdrucksen rückte sie mit Sprache raus: „Nächste Woche machen wir mit der Klasse einen Ausflug in den Zoo.“

Sie können sich vorstellen, dass ich leicht irritiert war. Denn auch wenn ich dieses Jahr 40 werde, kann ich mich gut an meine Schulzeit erinnern. Bei einem Ausflug in den Zoo wäre bei mir Kreisch-Alarm und nicht miese Laune angesagt gewesen. Schließlich hieß das: kein regulärer Unterricht, eine coole Bahn- oder Busfahrt und Eis zum Ende des Ausflugs.

Andererseits wunderte ich mich nicht wirklich, dass all das für meine Tochter kein Anreiz sein kann, denn: Sie hat eine ausgeprägte Abneigung gegen Zoos, weil sie eine riesengroße Tierfreundin ist.

Ihre Liebe zu Tieren zeigte sich schon früh. Auf dem Weg zur Kita tippelte sie oft auf Zehenspitzen, weil sie auf keinen Fall eine Ameise zertreten wollte. Jede Kellerassel im Garten bekam einen Namen, und wenn wir neue Blumen pflanzten, setzte sie die Regenwürmer schon mal von Hand um. Als wir einmal ein totes Vogelküken auf einer Wiese fanden, organisierte sie ein Begräbnis mit Trauerrede und Blumenschmuck. Meine Tochter guckt lieber Tierdokus als Zeichentrickfilme, ihr Zimmer zieren noch Hundeposter statt Fotos von TikTok-Stars. Zoos sind für sie also Orte, an denen Tiere, die eigentlich durch die Savanne jagen sollten, in Käfigen gehalten werden. Für sie stand deshalb fest, dass sie an diesem Ausflug nicht teilnehmen würde. Mich überraschte das dennoch, denn die Alternative war Unterricht in der Parallelklasse. Doch nicht mal das schien sie abzuschrecken.

Nun hat man als Eltern mehrere Möglichkeiten, auf so eine Situation zu reagieren:
1. Man besteht darauf, dass das Kind keine Extrawurst bekommt – so ein Ausflug ist schließlich eine Schulveranstaltung, und Kinder müssen eben auch manchmal Dinge machen/erleben, die sie blöd finden.
2. Man versteht, dass die Verweigerung nicht aus einer Null-Bock-Laune, sondern aus einer tiefen Überzeugung resultiert, hört sich die Argumente dafür an und unterstützt diese.

Ich entschied mich für Variante zwei, machte mit meiner Tochter allerdings auch aus, dass sie selbst für ihre Meinung eintreten und sie der Lehrerin selbst vortragen solle – und ich sie dabei nur begleitend unterstützen würde. Am nächsten Tag sprach meine Große also mit ihrer Lehrerin über ihre Abneigung gegenüber Zoos, bekam im Gegenzug jedoch auch neue Denkanstöße (zum Beispiel den Hinweis, dass viele Tiere schon ausgestorben wären, gäbe es keine Tierparks). Schließlich einigten sich die beiden darauf, dass meine Tochter an dem Ausflug teilnehmen, die Art der Tierhaltung vor Ort aber sehr genau prüfen würde. Und dass sie anschließend gemeinsam eventuelle Verbesserungsvorschläge formulieren und der Zooleitung senden würden. Eine großartige Lösung, finde ich.

Natürlich kann man nun sagen: was für ein Wirbel um einen simplen Schulausflug. Sicher hätten wir das anders gehandhabt, wenn es nur um einen Wandertag gegangen wäre. Hier drehte es sich aber um eine tiefe Überzeugung meiner Tochter. Und wenn wir wollen, dass die nächste Generation sich für etwas einsetzt, dass sie sich engagiert und verantwortungsbewusst mit der Umwelt umgeht, müssen wir das ernst nehmen und fördern. Denn wie oft wird den jungen Leuten vorgeworfen, nur am Handy zu hängen oder vor der Playstation zu hocken? Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Kinder unterstützen, wenn sie sich beispielsweise für Nachhaltigkeit und Umweltschutz einsetzen.

Abgesehen davon finde ich, dass wir Eltern unseren Kindern eigentlich immer Mut machen sollten, wenn sie etwas hinterfragen und nicht einfach tun, was alle anderen tun. Von der Sorte haben wir genug – deshalb ist doch jeder frische, kritische Kopf mehr als erwünscht, oder?

Schreiben Sie uns!

Der Artikel hat Ihnen gefallen, Sie haben eine Frage an die Autorin/den Autor, Kritik oder eine Idee, worüber wir einmal berichten sollten? Wir freuen uns über Ihre Nachricht.