Wie verteilen wir die Care-Arbeit gerechter?

An dieser Stelle schreiben Lisa Harmann und Katharina Nachtsheim abwechselnd über das Leben und Unterwegssein mit Kindern (und Mann). Heute befasst sich Lisa mit der Frage: Wie lassen sich die To-dos rund ums Familienleben gerechter aufteilen?

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Juliane Dunkel


Wenn mein Mann auf Dienstreise fährt, packt er seine Tasche, verabschiedet sich von mir und unseren drei Kindern und geht durch die Tür. Tschüüü-hüüüs.

Wenn ich auf Dienstreise fahre, sieht das ganz anders aus. Tags zuvor telefoniere ich mit einer anderen Fußballmutter und frage, ob sie mein Kind mit zum Training nehmen kann. Ich sehe nach, ob in den Kinderzimmern genug frische Wäsche da ist, um über die Tage zu kommen. Ich gehe einkaufen, damit der Kühlschrank voll ist und niemand hungert. Ich schaue in den Kalender und besorge noch ein Geschenk für die Kindergeburtstagsfeier am Wochenende. Bin ich dann weg, erreichen mich nicht selten Anrufe: „Mama, wo ist dies und das? Hast du dich darum gekümmert?“

Mein Mann übernimmt in der Zeit zwar die Care-Arbeit, also die Versorgung der Kinder. Den unsichtbaren Part, das Organisieren und Antizipieren von Bedürfnissen, werde ich oft trotzdem nicht los. Wenn ich mich umhöre, läuft das in vielen Familien noch immer ähnlich – egal, für wie gleichberechtigt wir uns mittlerweile halten, und selbst wenn beide Elternteile in Vollzeit arbeiten.

Wer hat auf dem Schirm, wann das Paket zum Geburtstag der Schwiegermutter losgeschickt werden muss? Wer plant die Snacks fürs Schulfest, schreibt Listen, kauft ein, bereitet sie zu und bringt sie vorbei? Oft bleibt diese unsichtbare, unbezahlte Arbeit an einer Person hängen: und zwar an der Mutter.

Auch das Googeln nach Rezepten, die Gedanken zu Unverträglichkeiten oder Vorlieben anderer Kinder oder das vorausschauende Einkaufen sind Arbeit. Die ständige To-do-Liste, die im Kopf wie bei einer Projektmanager:in wächst und wächst, die andauernde Denkarbeit, das nennt sich „Mental Load“. Ein volles Gehirn sozusagen.

Stellen wir uns das mal vor wie einen Internetbrowser: Für jede Aktion wird ein neuer Tab geöffnet. Einer für Rezepte, einer für den Wocheneinkauf, einer fürs Neubeziehen der Betten, einer für den Kauf von Sportschuhen für die Kinder. Wenn zu viele Tabs geöffnet sind, zieht das ganz schön viel Akku, manchmal stürzt der Computer auch ab. In dem Fall ist die Mutter überlastet. Was das genau bedeutet und wo die Belastung herkommt, ist gar nicht so leicht zu beschreiben – und vor allem: nicht zu messen oder zu entlohnen.

Für meine guten Snackideen bekomme ich weder ein Zeugnis noch eine Gehaltserhöhung. Sie strengen mich aber trotzdem an, vielleicht sogar noch mehr als die bezahlte Arbeit, weil es für die ja wenigstens Lohn gibt. Doch auch Wertschätzung kann Lohn sein.
Die Mental-Load-Expertin Laura Fröhlich rät deshalb, als Paar oder als Familie einmal aufzuschreiben, was an unbezahlter Care-Arbeit anfällt. Und dann: ganze Arbeitspakete zu verteilen, damit sich wirklich immer eine Person verantwortlich fühlt. Das klappt!
Während ich vor Dienstreisen zwar rotiere, damit der Alltag weiterlaufen kann, hat mein Mann zum Beispiel – Achtung, Klischee! – das komplette Arbeitspaket Auto bei sich liegen. Ich kann meinen Tab dazu schließen. Er weiß, wann das Auto zum TÜV muss, füllt Öl nach, reinigt es von innen und außen. Nichts habe ich damit zu tun. Seine To-do-Liste, nicht meine.
Oder ein anderes Arbeitspaket: Dadurch, dass ich morgens nicht gut in die Gänge komme, er aber schon, hat er das Päckchen Frühstück übernommen. Kinder wecken, Tisch decken, Kakao vorbereiten, Brotdosen packen, noch mal wecken. Da bin ich raus. Sein Hoheitsgebiet, hab ich nichts mit zu tun.

Ich setz mich irgendwann dazu und trinke Kaffee. Dafür übernehme ich die Snacks beim Schulfest. Oder die Mathehausaufgaben. Nicht ohne Dank von ihm, weil er durchdrehen würde, wäre er verantwortlich. Dafür bedanke ich mich, wenn er die Kinderkoffer vor dem Urlaub packt, weil ich schon bei der To-do-Liste Schweißausbrüche bekomme. Es geht doch nichts über eine gute Arbeitsteilung, oder?
Und ist es nicht schön, wenn man die Pakete so verteilt, dass alle damit leben können – also niemand mehr unter der unsichtbaren Care-Arbeit zusammenbrechen muss?

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