T I T E L I N T E R V I E W Was erwarten Sie für die nächsten Wochen Wir beten alle dass der Weltuntergang ausbleibt Die Kehrseite ist Je länger er ausbleibt desto härter werden wir die Debatten über mögliche Lockerungen führen Zwei Wochen später Die Sonne scheint es ist der erste richtig warme Tag Anfang Mai der Weltuntergang ist ausgeblieben der Shutdown vorbei An diesem Frei tag hat Markus Lanz eine Sendungswoche hinter sich in der vor allem über die ersten Lockerungen disku tiert wurde Restaurants und Cafés sind noch ge schlossen das nächste Treffen findet auf einer Bank mit Blick auf die Hamburger Außenalster statt um die Markus Lanz einmal am Tag joggt Der Modera tor abgewetztes Longsleeve graue Jeans und Cap auf dem Kopf wohnt um die Ecke und kommt mit ei nem schwarzen E Bike angeradelt mit dem er regel mäßig auch in den Tiroler Bergen unterwegs ist Er hat die Angewohnheit sein Gegenüber oft am Anfang oder am Ende eines Satzes mit dem Namen anzuspre chen Damit erzeugt er automatisch Nähe Der Shutdown ist zu Ende und nun Anfang Mai wird nicht nur über weitergehende Lockerungen diskutiert auch Ver schwörungserzähler werden lauter Manchmal wird gar be zweifelt dass es Corona überhaupt gibt Kennen Sie jeman den der an Covid 19 erkrankt ist Ja ich kenne inzwischen mehrere Menschen die erkrankt sind unter anderem einer meiner engsten Mitarbeiter Allen geht es wieder besser aber manche klagen über eine tiefe Erschöpfung Andere beschreiben dass es egal sei ob sie Tee Wasser Wein oder Orangensaft trinken Alles schmecke gleich In der öffent lichen Debatte geht es ja vor allem um Genesene und Todes opfer Aber über die dazwischen über die Patienten mit Spätfol gen sprechen wir seltsamerweise kaum Haben sich Kollegen bei Ihrem Mitarbeiter angesteckt Wir haben von Anfang an sehr penibel darauf geachtet die Ab stände einzuhalten Und ich dachte oft wenn es stimmt was die Fachleute erzählen dass Abstand das Wichtigste sei dann dürfte sich keiner von uns angesteckt haben So war es auch Das war zu einem Zeitpunkt als wir noch keine Masken getragen haben Aber wir haben mindestens zwei Meter Ab stand gewahrt bei Redaktionskonferenzen zum Beispiel und im kleineren Regieraum haben wir Trennwände aus Plastik duschvorhängen angebracht Wie hat sich Ihr Alltag durch Corona verändert Kaum Deshalb bin ich auch der Letzte der sich beklagen sollte Ich kann noch joggen wir machen unsere Sendung Dass die Re staurants und Bars zu sind stört mich nicht Ich bin eh selten unterwegs Aber ich kenne einige Gastronomen und Hoteliers für die es gerade um alles geht Und ich sehe die Auswirkungen des Virus auf die Gesellschaft Inwiefern Plötzlich ist der andere dem ich auf der Straße begegne nicht mehr mein Freund sondern eine mögliche Bedrohung Der den ich gestern noch freudig umarmt habe bringt mir plötzlich eine potenziell tödliche Krankheit Was tun wir also Wir wenden uns vorsichtshalber ab drehen das Gesicht weg Wir brauchen Nähe doch plötzlich sind wir die 1 5 Meter Gesellschaft Das macht was mit uns Da kommt mitunter eine Feindseligkeit auf die es vorher nicht gab Wo erleben Sie die Zum Beispiel beim Joggen aber vor allem auf dem Fahrrad Plötzlich wirst du böse angeraunzt wenn du dich jemandem auf zwei Metern näherst Wie reagieren Sie in solchen Momenten An guten Tagen stecke ich es souverän weg an weniger guten motze ich auch mal zurück und muss mich daran erinnern dass die Leute wirklich Angst haben Sie auch Um meine Mutter vor allem die 86 Jahre alt ist Ich habe Angst dass mit ihr etwas ist und ich im entscheidenden Moment nicht bei ihr sein kann Was ich auf der anderen Seite wirklich bewun dere ist wie gelassen diese Generation mit dem Thema um geht Davon können wir viel lernen die sind viel härter im Neh men als wir Was mich selbst betrifft habe ich keine Angst Woran liegt das Ich glaube an das Prinzip der Eigenverantwortung Mir ist voll kommen bewusst dass Covid 19 gefährlich ist aber ich richte mich nach dem was die Wissenschaft sagt Abstand halten Maske tragen fit bleiben Die gute Nachricht ist Man kann mit diesen einfachen Dingen das Risiko extrem minimieren Den Rest nehme ich wie er kommt Man muss die Möglichkeit zu sterben akzeptieren Die Beschäftigung mit dem Tod ist eine die wir gelegentlich suchen sollten Warum Jeder weiß In dem Moment in dem wir auf die Welt kommen ist der Tod schon eingepreist Ich habe mich mal mit dem Philo sophen Wilhelm Schmid darüber unterhalten der sagte Erst der Tod macht das Leben wertvoll Ich habe das oft gemerkt wenn ich zum Beispiel im Winter mit Inuit Jägern in Grönland unterwegs war Das Leben ist sehr zerbrechlich Sie sagten mal in einem Interview Sie hätten zwei Leben eins in Deutschland und eins in Südtirol Wie unterscheiden sich diese beiden Südtirol ist für mich eine Welt mit alten Freunden ich treffe an jeder Ecke jemanden den ich kenne eine kampffreie Zone in der es vollkommen unwichtig ist was du machst oder bist Vie le meiner Freunde aus der kleinen Bergschule von damals sind im Winter Skilehrer und im Sommer Handwerker Ich denke manchmal das war wohl das Leben das auch für mich vorgese hen war Ein gutes Leben Wodurch kam es anders Ich habe immer wieder Leute getroffen die sich um mich ge kümmert haben Der Erste war der Dorfpfarrer der mich mit elf aufs Klosterinternat geschickt hat aus dem er selbst kam Das war ein sehr gutes Gymnasium Die Jahre dort haben mich geprägt Genauso wie die Zeit beim Militär Markus Lanz träg t in seiner Sendung stets St iefe let ten zum Anzug oben l inks Vorher sehr kon zentrier t oben rechts entspannt er nach getaner Arbeit auf dem Sofa in seinem Backstagebereich Er spielt zwar of t mit dem Handy herum ist aber auf keinem sozialen Netzwerk ver treten Meine Sendung ist inzwischen eher wie ein Kammerspiel 4 2 d b m o b i l d e 036 Titelgeschichte Lanz indd 42 04 09 20 16 24

Vorschau DB mobil 10-2020 Seite 42
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