Essay Es scheint so als hätte Licht mehr Klarheit wenn es auf klares Wasser trifft schreibt der französi sche Philosoph Gaston Bachelard Vielleicht meint er mit Licht auch Erkenntnis Womöglich nehmen wir Wasser erst dann wahr wenn es uns emotional berührt brauch 25 Badewannen voller Wasser verbrauchen wir im Durchschnitt täglich mit unse rem Lebensstil hat der WWF berechnet Nicht mal eine davon entfällt auf unseren sichtbaren Verbrauch im Alltag Beängstigende Zahlen vor allem wenn man bedenkt dass ein Großteil des Wasservorkommens auf der Erde salzig ist ein anderer Teil gefroren Tatsächlich nutzbar sind nur 0 3 Prozent Geograf und Klimaforscher Dieter Gerten plädiert für einen neuen Umgang mit Wasser Wir dürfen nicht mehr denken Wie viel Wasser brauche ich sondern Wie viel ist da und was kann ich mit diesem Wasser anstellen Viele von uns haben gelernt den Hahn zuzudrehen während des Zähneputzens wir ver zichten darauf Pflanzen in der Mittagssonne zu wässern oder uns allabendlich ein Vollbad einzulassen Aber wissen Sie wie viel Wasser wirklich da ist Wie viele Liter Wasser die Baumwolle des neuen T Shirts benötigt hat 2600 oder die tägliche Tasse Kaffee 132 Ich nicht wenn ich ehrlich bin Dabei würde ich mich als wachsamer Wasserfan bezeich nen Die große Frage die sich also ergibt Wie können wir über Wasser nachdenken und sorgsamer damit umgehen ohne bei jeder Dusche ein schlechtes Gewissen zu haben Als ich vor einigen Wochen im Westen Frankreichs am Strand stand der kalte Atlantik umspülte meine Knöchel und riss den Sand unter meinen Sohlen weg spürte ich wieder dieses tiefe Glück von Blau Und mir fiel ein Zitat des französischen Philosophen Gaston Bachelard ein das mir auf meiner Recherche für diesen Text begegnet ist In der Nähe des Wassers nimmt das Licht eine neue Tonalität an Es scheint so als hätte das Licht mehr Klarheit wenn es auf klares Wasser trifft Vielleicht meinte er mit Licht auch Erkenntnis Womöglich nehmen wir Wasser erst dann bewusst wahr wenn es uns emotional berührt Und womöglich ist es Zeit diese Emotionen noch häufiger im Alltag zu aktivieren wie einen Kompass der Wertschätzung Was uns dabei im Weg steht verdeutlicht eine Studie der New York University und der Universität Tel Aviv Die construal level theory er klärt wie eine psychologische Distanz zu einem Thema entsteht von dem wir uns emoti onal weit entfernt fühlen und es uns dementsprechend nicht interessiert Die vier Dimen sionen der Distanz sind räumlich Wassermangel betrifft doch nur den globalen Süden zeitlich wird erst in der Zukunft knapp und sozial ich bin nicht betroffen außerdem lässt uns etwas kalt wenn wir Unsicherheit spüren Befassen wir uns mit diesen Dimensionen der Distanz und lassen das Thema Wasser buchstäblich an uns heran berührt es uns unweigerlich Und wir werden bereiter es zu bewahren Heißt das nun dass wir ans Wasser ziehen müssen was übri gens lange aufgrund von Flutgefahr und Piraterie eine unbeliebte Wohnlage war um ihm emotional nah zu sein Eigentlich nicht denn Wasser in seiner Ästhetik umgibt uns täglich wie eingangs erwähnt in der Dusche aber genauso in satt grünen Blättern an den Bäumen blühenden Blumen und prallem Gemüse Forschende sprechen schon länger von grünem und blauem Wasser um zu ver anschaulichen wie vielfältig es uns begegnet und gebraucht wird Grünes Wasser ist Regenwasser das die Vegetation aufleben lässt blaues das was in Seen Flüssen und als Grundwasser fließt und von uns regelmäßig angezapft wird Wassernot sehen wir in ver gilbten Feldern vertrockneten Blüten staubiger Erde Wenn wir unseren Blick für diese Bilder schärfen nehmen wir Wasser plötz lich intensiver wahr freuen uns doppelt über Blumenpracht einen Tag am See oder ein hübsch angerichtetes Abendessen Zwar möchte dann immer noch niemand analog zu den Kalorien die 62 dbmobil de 060 Wasser indd 62 07 06 22 09 01

Vorschau DB mobil 07-2022 Seite 62
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