d b m o b i l d e I N T E R V I E W mein und in Gruppen im Speziellen Das verschwindet auch nicht wenn jemand reich geworden ist Es ist also niemals genug Nicht ohne gesellschaftliche Veränderung Umfragen zeigen dass gerade in angelsächsischen Ländern viele Menschen die zum reichsten Prozent zählen immer noch gestresst sind weil sie nicht zu den 0 1 Prozent der Superreichen gehören Durch immer mehr Kon sum werden wir diese Spirale nicht durchbrechen Selbst wenn wir es eigentlich besser wissen warum macht die Aussicht auf Veränderung und Verzicht uns so schlechte Laune Der Mensch an sich ist verlustavers das heißt Wenn wir es einmal gewohnt sind Zugang zu be stimmten Annehmlichkeiten zu haben dann wollen wir diesen Zugang auch behalten Ob wir die Dinge in Anspruch nehmen ist zweitrangig Wir möchten das nur selbst entscheiden Haben Sie ein Beispiel Die Bohrmaschine auch wenn sie 364 Tage im Jahr in der Ecke liegt nur damit man einmal im Jahr da mit ein Loch in die Wand boh ren kann Das Auto das 95 Prozent der Zeit kein Fahr zeug sondern ein Stehzeug ist Nutzen statt besitzen ist eine Kurzformel die Ideen ei ner Kreislaufwirtschaft mit der einer Sharing Economy verbindet und als Transfor mationsprojekt ansteht Wer A sagt muss auch B sagen In welcher Hinsicht Wir sagen klar stimmt Kli maschutz und Biodiversität sind voll wichtig Aber wenn es darum geht konkrete Ver änderungen umzusetzen trumpfen die Bequemlichkeit und das Gewohnte Ganz ehrlich da müssen wir alle mal ein bisschen er wachsen werden Wie lauten Ihre Vorschläge für den Alltag Es gibt die sieben F mit denen wir Einfluss auf Nach haltigkeit haben Fliegen Fleisch Fummel Finanzen Funken Fläche und Flagge zeigen Das heißt Fliegen und Fleischkonsum wirklich runterfahren Weniger Fummel bedeutet In welcher Frequenz und Qualität kaufe ich Kleidung Kann ich auch mal tauschen Bei den Finanzen darauf achten welche Anlagekriterien Banken Sparpläne und Fonds haben Und was meinen Sie mit Funken Dass man mit anderen über den Veränderungsprozess redet Netzwerke knüpft Verständnis weckt Ideen im eigenen Unternehmen oder Umfeld einbringt Zu letzt ist auch die Fläche ein wichtiger Faktor die Wohnfläche Die zu reduzieren ist allerdings im Ver gleich zu den anderen Fs wesentlich schwerer umzu setzen Und dann natürlich bei der Politik Flagge zei gen insbesondere in Wahljahren wie diesem Wie halten Sie es mit den sieben F persönlich Ich esse seit 25 Jahren kein Fleisch mehr lebe überwie IDEALE ZU HABEN IST TOLL SIE SPORNEN AN gend vegan und fliege nie innerhalb Deutschlands aber liebe Nachtzüge Ersparnisse sind entsprechend ge parkt und beim Fummel bin ich ganz gut jeder Deut sche kauft durchschnittlich 60 Kleidungsstücke pro Jahr ich nur rund ein Zehntel davon Bei der Fläche bin ich allerdings eher schlecht auch wenn wir also der Vater meiner Kinder meine Töchter und ich uns ein Haus mit einer anderen Familie teilen Sie sind in einem Gemeinschaftshaus mit drei Fami lien und insgesamt sechs Kindern groß geworden Nun leben Sie ähnlich Darüber haben meine Eltern auch schon gelacht Mei ne Schwester macht es jetzt auch ähnlich Klingt allerdings nach einer Lebensform die einige Kompromisse abverlangt Ich habe von meinen Eltern gelernt Am Anfang wur den in meiner Kindheit alle Räume geteilt das ging nicht gut Jede Familie hat ja ihren eigenen Rhythmus was Essens und Schlafenszeiten angeht Deshalb ha ben wir damals die Wohneinheiten getrennt aber das typisch Logistische wie zum Beispiel die Waschküche oder den Garten weiterhin ge teilt Dadurch hatte jeder seine Scholle aber es war nie einsam So machen wir es heute auch Würden Sie sich als Idealistin bezeichnen Ideale zu haben ist toll Sie spornen an schützen vor Zy nismus Glauben Sie dass wir mit Blick auf die Klimakrise das Schlimmste noch abwenden können Das Schlimmste wäre die gan ze Zeit darüber nachzudenken ob wir das Schlimmste noch abwenden können statt etwas zu tun Deshalb ist es so wichtig einfach mal loszulau fen auch wenn wir nicht genau wissen wie das Ganze ausgeht Wenn ich etwas tue werde ich automatisch optimistischer weil ich Selbstwirksamkeit spüre Da rüber habe ich auch mit den Aktivist innen von Fri days for Future oft gesprochen Auf die Straße zu ge hen und zu versuchen einen Beitrag zu leisten ist eine Möglichkeit mit den Sorgen besser umgehen zu können Wenn wir alle inklusive der Wirtschaft und der Politik jeden Tag neue Schritte wagen entstehen daraus heute ungeahnte Möglichkeiten Kleine Schritte sollen für den großen Wandel ausrei chen Jede Revolution entsteht aus dem Zusammenspiel vie ler kleiner Entwicklungen DB MOBIL Redakteurin Katja Heer würde sich selbst eher als verlustavers siehe Interview be zeichnen schränkt sich aber trotzdem für die gute Sache ein Sie isst wenig Fleisch und besitzt kein Auto Nach dem Videointerview mit der enthusiastischen Maja Göpel hat sie sich fest vorgenommen nun auch beim F für Fummel zu sparen und weniger Klamotten zu kaufen DENKEN ALS BERUF Gefragt Maja Gö pel Jahrgang 1976 ist Politökonomin und Transformations forscherin Vor allem seit ihrem Bestseller Die Welt neu den ken Ullstein 17 99 ist sie eine beliebte Expertin zu Themen rund um die Nachhaltigkeit Grüblerin Seit Ende 2020 leitet Gö pel die Denkfabrik The New Institute in Hamburg Diese entwickelt Lösungen für die größten Zu kunftsprobleme für Wirtschaft und Ge sellschaft Privates Göpel lebt mit ihrer Familie in einem Gemein schaftshaus in Wer der an der Havel MEIN LIEBSTES STÜCK DEUTSCHLAND Wo die Wissenschaftle rin zur Ruhe kommt lesen Sie unter dbmobil de mlsd goepel 6 8 066 Interview Göpel indd 68 08 06 21 13 43

Vorschau DB mobil 07-2021 Seite 68
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