8 50 6 2 0 2 1 F O T O S D B A G IM A G O Weiß rot schon vorbei Die Post feierte die ICE 1991 mit einer dynamischen Sondermarke Das Signal zum Start gab damals Bundespräsi dent Richard von Weizsäcker Foto Mitte alb so schnell wie das Flugzeug doppelt so schnell wie das Auto so wirbt die Deutsche Bundesbahn für einen eleganten und völlig neuen Zugtyp der am 29 Mai 1991 am ebenfalls brandneuen Bahnhof Kassel Wilhelmshöhe der Öffentlichkeit präsentiert wird Lichtgraue Lackierung zweifarbige Bauchbinde in Weinrot und Rosa der verkehrsrote Streifen kommt erst Jahre später und klare Botschaft Der Intercity Express der mit seiner tiefgezogenen aerodynamisch rundge schliffenen Front wohl nicht zufällig an einen Passagierjet erinnert soll an berühmte DB Fernreisezüge wie zum Beispiel den Trans Europ Express anknüpfen Der Neue hat eine weitere Mission Er katapultiert die Bahn und ihre Kund innen ins Zeit alter der Hochgeschwindigkeitszüge Und er soll den Fahrgästen ein hochklassiges aber keineswegs abgehobenes Reiseerlebnis bieten Anders als der TEE oder die Intercity Züge die nach ihrer Einfüh rung 1971 zunächst fast ein Jahrzehnt lang als reine 1 Klasse Züge fuhren ist der ICE von Beginn an mit beiden Wagenklassen unterwegs Erste Überlegungen für den Hochge schwindigkeitszug hatte die Bahn in den 1970er Jahren angestellt Der Prototyp des InterCity Experimental fuhr gleich auf seiner Jungfernfahrt 1985 mit fast 320 Stundenkilometern schneller als jedes Schienenfahrzeug in Deutsch land zuvor Die Serien ICE der ersten Generation sind immerhin für Tempo 280 gut Doch das Netz der Schnellfahr trassen steht im Juni 1991 noch auf dem Papier gerade zwei Teilstücke Hanno ver Würzburg und Mannheim Stutt gart werden zeitgleich mit dem ICE Start für den Verkehr freigegeben Die Premiere des Hochgeschwindigkeitszugs zeigt jedoch wohin die Reise gehen wird Die Fahrt von Hamburg nach Frankfurt am Main verkürzt sich um eine nach Stuttgart um fast zwei Stunden Der Expresszug fasziniert Bahnfans und fahrer innen aber nicht nur wegen seines Tempos sondern auch wegen sei ner technischen Konzeption und des Komforts Triebköpfe und Wagen bilden eine Einheit sodass die neuen Züge in Kopfbahnhöfen einfach die Fahrtrich tung wechseln können ohne dass Loko motiven umgespannt werden müssen In nen geben Sitze in dezentem Grau und Teppichböden eine wohnliche Atmosphä re Geräuschdämmung und Klimatisie rung der Wagen erreichen eine neue Qua lität Druckgeschützte Wagenübergänge setzen die Fahrgäste nicht länger Lärm Zug und zuschnappenden Schiebetüren aus Selbst längere Fahrten sind ent spannt auszuhalten zumal Audiodienste und in der 1 Klasse sogar Videomonitore bis zum Siegeszug von Smartphones und Tablets werden noch 15 Jahre verge hen zum Zeitvertreib beitragen In den 1990er Jahren wächst die ICE Flotte nicht zuletzt dank des Rückenwinds den die Wiedervereini gung für den Ausbau des Schienennetzes bringt schnell an 1996 wird der weiter entwickelte ICE 2 aufs Gleis gesetzt 1999 der ICE T Er kann sich auf Stre cken mit engen Radien wie ein Motor radfahrer in die Kurve legen Das verkürzt Fahrzeiten etwa zwischen Berlin und München bevor die Hochge schwindigkeitsstrecke fertiggestellt ist 2000 folgt eine völlig neu konstruierte Version des DB Flaggschiffs Beim ICE 3 gibt es keine klassischen Triebköpfe mehr vielmehr verteilen sich die Antriebsmotoren über die Bodengrup pen des gesamten Zuges Das beschert Bahnfans einen Wow Effekt Weil der Führerstand nur mehr durch eine Glaswand vom angrenzenden Fahr gastraum getrennt ist können von nun an unzählige kleine und große Möchte gern Lokomotivführer innen den echten ICE Triebfahrzeugführer innen bei Tempo 300 über die Schulter schauen und Streckenkino gucken Seit 2016 verstärkt die vierte wieder um verbesserte Generation die ICE Flotte bis 2023 sollen über 100 Garni turen des ICE 4 in die Flotte eingereiht werden Dieser Zug demonstriert auch welchen Entwicklungssprung die ICE Technologie seit 1991 gemacht hat Obwohl der ICE 4 mit 830 Sitzplätzen fast 130 Fahrgäste mehr aufnehmen kann als ein ICE 1 verbraucht er je Sitzplatz 22 Prozent weniger Energie Unterdessen werden die Züge der ersten drei ICE Versionen mit viel Aufwand auf den neuesten Stand gebracht Während die Außenhülle ein Designklassiker ist der modischen Strömungen standhält wird die Innenausstattung nach rund 15 Jahren modernisiert Der ICE 1 durch läuft sogar schon sein zweites Redesign sodass er am Ende seines Lebenszyklus vier Betriebsjahrzehnte auf der Uhr haben wird Insgesamt sind zurzeit rund 320 ICE Züge im Einsatz bis 2026 sollen es rund 420 sein Das Verreisen mit der Bahn ist zum ICE Reisen geworden 1992 fuhren zehn Millionen Menschen mit den Hochgeschwindigkeitszügen 2019 also vor dem Beginn der Corona Pande mie waren es fast 100 Millionen Da passt es ins Bild dass in diesen Tagen ein neues Mitglied der ICE Fami lie auf seine ersten Einsätze vorbereitet wird eine XXL Variante des ICE 4 die demnächst das Ruhrgebiet mit München verbinden wird und Hamburg mit der Schweiz Dieser neue 13 teilige ICE übertrifft mit 374 Meter Länge nicht nur fast alle seine Vorgänger nur ganz am Anfang gab es ICE 1 mit 14 Wagen die länger als 400 Meter waren er kann dank seiner 918 Sitzplätze auch 88 Fahrgäste mehr an Bord nehmen als der reguläre zwölfteilige ICE 4 und über 200 mehr an Bord als ein ICE 1 Klar fliegen kann der XXL ICE nicht Aber seine Fahrgastkapazität entspricht ziemlich genau der von fünf Kurzstre cken Jets Und die Idee für den ICE war immer dass im innerdeutschen Reisever kehr nicht Überfliegertum sondern Bodenhaftung das bessere Rezept ist Das DB Museum in Nürnberg zeigt ab Oktober die Ausstellung Design Bahn in der unter anderem dargestellt wird wie der ICE und seine Gestaltung das Gesicht der Bahn in den vergangenen 30 Jahren geprägt haben dbmuseum de H 081 DB Welt indd 85 06 05 21 13 51

Vorschau DB mobil 06-2021 Seite 85
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