P rag Hauptbahnhof Die letzten Passagier innen besteigen den EuroCity nach Dresden Pavel Židlík 62 den man mit seiner blonden Mähne eher für ei nen Rockstar als für einen Lokführer halten würde blickt aus dem Führerstand Zuerst geht s an der Moldau entlang ruft Židlík der sich auf die Fahrt sichtlich freut Kein Wunder Die zweiglei sige Strecke die vor 170 Jahren eingeweiht wurde ist nicht nur die wichtigste Bahnverbindung zwischen Tschechien und Deutschland sie gilt auch als eine der schönsten Mitteleuropas Židlík kennt hier jede Wei che jeden Meter Schiene Er ist seit 40 Jahren für die Tschechischen Bahnen unterwegs seit fast 20 Jahren auf dieser 196 Kilometer langen Route Und ist kaum zu bremsen wenn er von der Fahrt durch den Elb durchbruch spricht von den Farbtönen des Elbsand steins der viele Bahnbauten der Region kennzeich net von den Burgen und Festungen über Moldau und Elbe Oder vom Nebel in den Flusstälern der im Herbst oft so dicht sei dass er kaum die Schienen sehe so Židlík Doch natürlich kann er sich auf die Eisen bahntechnik verlassen Židlík ist mit einer modernen Vectron Lok unter wegs Aber er erinnert sich gern an die Knödelpres sen wie die deutschen Lokführer innen die kantigen Škoda Loks nennen die auf der Route Prag Dresden fuhren nachdem die Strecke in den 1980er Jahren durchgehend elektrifiziert wurde Mittlerweile rat tern die Knödelpressen nur noch selten durchs Elbtal bestenfalls sind sie als Güterloks im Einsatz Die be rühmten Knödel gibt es dagegen im Speisewagen und sie sind köstlich Fragt man Židlík nach seinem Lieblingsort auf der Strecke zwischen Prag und Dresden ist seine Antwort überraschend unromantisch zunächst jedenfalls Das Kraftwerk bei Mělník sagt der Lokführer Die Rauchwolken die die Schornsteine ausstoßen sehen jedesmal anders aus das Licht spielt dabei eine beson dere Rolle Deshalb überrascht mich dieses Spektakel immer wieder aufs Neue Mělník ist aber auch aus einem anderen Grund von großem Reiz Hier fließt die Moldau in die Elbe die Bahntrasse befreit sich aus dem engen Tal und verläuft in einem großen Bogen um den Berg Říp Für die Tschech innen ist dies ein mythischer Ort Einst hätten sich hier heißt es die Ersten von ihnen mit dem Urvater Čech angesiedelt Keine schlechte Wahl Unterhalb des Říp wird Hopfen für das tschechische Nationalgetränk Bier angebaut später fallen Weinberge ins Auge Bei Roudnice nad Labem kommt ein Fußballplatz in Sicht der auf einer Elbinsel liegt Hier wurde 1892 das erste Fußballspiel in Böhmen ausgetragen Wer die Zeit hat sollte in Děčín aussteigen und mit der Regionalbahn weiterfahren die auch in Dolní Žleb hält Denn auf dem tschechischen Grenzbahnhof gibt es ein Technikdenkmal das man im vorbeirauschen den Fernreisezug leicht übersieht eine dreieckige Nasenuhr nur wenige Jahrzehnte jünger als die Tras se selbst Sie ist die letzte ihrer Art Doch sie funktio niert wie eh und je täglich zieht sie der Fahrdienstlei ter von Hand auf Was hat diese Uhr nicht alles gesehen legendäre Schnellzüge wie den Balt Orient Express den Pannonia Express und den Vindobona dessen Neuauflage seit Kurzem wieder Berlin mit Wien verbindet Aber auch viele Soldatenzüge und sol che die Richtung Theresienstadt rollten Die Nasen uhr sah ebenso Züge der Hoffnung wie jene mit de nen im Herbst 1989 die DDR Botschaftsflüchtlinge von Prag über Dresden in die Bundesrepublik fuhren Ruht der Verkehr ist es still in Dolní Žleb So wie auch ein paar Kilometer weiter in Schöna dem deut schen Grenzbahnhof Nähert sich aber ein Zug der Sta tion schallt das Geräusch wie ein Echo von den hohen Felswänden wider und füllt das ganze Elbtal Für alle die Züge lieben ist das Eisenbahnmusik Bis der nächste Zug kommt liegt dann wieder tiefe Ruhe Lokführer Pavel Židlík oben fährt Dres den Prag seit mehr als 20 Jahren Wenn durch Bahnhöfe wie Königstein im Elb sandsteingebirge lin ke Seite ein Zug rast Eisenbahnmusik Historische Uhr im Grenzort Dolní Žleb links oben DRESDEN PRAG F O T O S T O B IA S U N SP L A SH JA R O SL A V R U D IS 2 4 10 5 2 0 2 1 040 dresden Prag indd 41 13 04 21 11 14

Vorschau DB mobil 05-2021 Seite 41
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