F O T O S T IM O SS E G E SC H R E IB E R P Ö T T E R P lötzlich fehlte es ein melonen großes Modell des Coronavi rus in das sich eine Spritze bohrt Zurück blieben nur Klebereste an einer Backstein wand auf der das Molekül zu vor angebracht wurde Nun war es weg Für immer fragten die Nach barn die sich längt an das Kunstwerk siehe Foto Seite 35 gewöhnt hatten Ein paar Monate zuvor im Sommer 2020 war es ei nes Morgens überraschend an der Wand des Hamburger Bernhard Nocht Instituts für Tropenmedizin aufgetaucht Ein passender Ort denn dort wird auch an neuen Corona Testverfahren geforscht Zuerst fragte man sich im Institut ob man das Werk abhängen sollte um es vor Beschädigungen zu schüt zen Doch schnell merkte man wie begeis tert Mitarbeiter und Besucher auf die Anwe senheit reagierten Wer genauer hinschaute erkannte die Risse in dem Molekül Die Spritze werde das Virus besiegen lautete die frohe Botschaft der Installation Dann eines Nachts war die Wand eben wieder leer Das offenbar mit Hingabe gestaltete Werk ereilte ein Schick sal das zum Wesen fast jeder Straßenkunst gehört Sie ist oft nur von kurzer Dauer Seit sich das Coronavirus vor einem Jahr in der Welt ausbreitete erlebt die Aus drucksform der Hauswandmalerei eine Sternstunde Überall in Deutschland und in vielen Ländern Europas ziehen Street Art Künstler mit Spraydosen und Farbrollen durch die Städte Ihre Werke sind eine di rekte Reaktion auf die Pandemie Dabei ent stehen Wandbilder sogenannte Murals deren Motive manchmal länger in den Köp fen haften bleiben als an den Wänden Das Porträt von Gollum aus Der Herr der Rin ge der im Mauerpark in Berlin gierig eine Rolle Klopapier fixiert S 36 oder das ei ner Krankenschwester mit Superwoman Mundschutz auf einer Wand in Amsterdam S 37 Bilder davon kursieren noch immer in den sozialen Medien während die Werke selbst längst übermalt worden sind Schon immer griffen Künstler aktuelle Entwicklungen auf stellten sie kritisch hu morvoll drastisch dar In Corona Zeiten fällt dies nicht schwer Themen gibt es ge nug Der Argentinier Alaniz gestaltete das Bild eines auf dem Boden liegenden Mannes im Schutzanzug der auf sein Smartphone starrt S 40 Die Menschen sind verunsi chert und hoffen auf gute Nachrichten er klärt der in Berlin lebende Künstler die Idee für sein Mural das in der Hauptstadt eine ganze Wand der Urban Spree Gallery ziert und durchaus medienkritisch gemeint ist Lapo Fatai widmete in Mailand den Krankenschwestern eines Hospitals ein fas sadenfüllendes Bild S 38 Ardif in Paris dem Pflegepersonal eine siebensprachige Danksagung S 35 Andere setzen sich mit den Freiheitsrechten auseinander Der Künstler The Rebel Bear schuf in Glasgow einen Mann dem das Virus wie eine Eisen kugel am Bein hängt S 33 In vielen Städ ten gibt es mittlerweile Touren zu Street Art oder Straßenkunst am besten man fragt im Tourismusbüro nach Führungen Nie war die Zeit für Street Art besser als jetzt denn der klassische Kulturbetrieb ist in Quarantäne erklärt Pascal Baumgärt ner der seit 2014 in Heidelberg das Street Art Festival Metropolink leitet den globa len Trend Die Ursprünge der heutigen Graffiti Kunst sieht Baumgärtner im New York der 1980er Jahre als Künstler began nen U Bahnhöfe zu markieren Genauso lange schwelt auch der Streit darüber ob es sich bei den Werken um Kunst handelt oder schlicht um Sachbeschädigung Im Unterschied zu Künstlern der Graffi ti Szene arbeiten die Urheber von Murals meist auf zugelassenen Flächen wie etwa im Mauerpark in Berlin oder hinterlassen ihre Arbeiten mit Erlaubnis der Hausbesitzer Bis der Nächste kommt und alles übermalt Es ist eine Form die spontane Gefühle her vorrufen und einen auch zum Nachdenken bringen kann sagt Baumgärtner über die positive Kraft der Hauswandgemälde Die erlebten auch Mitarbeiter und Besu cher des Hamburger Tropeninstituts Eines Morgens zierte das Virus wieder die Wand als Molekül das auseinanderbricht Seit der Recherche freut sich Redakteur Uwe Pütz wenn er auf Spaziergängen neue Wandge mälde zum Thema entdeckt EINES NACHTS WAR DIE WAND WIEDER LEER DIE KUNST VER SCHWUNDEN Es ist noch nicht vorbei Tim Ossege klebte seine Warnung als Plakat im Plaket auf Wände in Köln Ehrenfeld S T R E E T A R T 4 2 M ot iv s hu tt er st oc k co m J on at ha n O R ei lly G es ta lt un g m in km ar d e Jetzt bei Ihrem Lieblingsbuchhändler Mehr Infos unter marcelsberg com Die Wahrheit Eine Frage der Perspektive d b m o b i l d e 032 Murals indd 42 09 02 21 07 59

Vorschau DB mobil 03-2021 Seite 42
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