Wo geht’s hier nach Europa?

Wo liegt der Mittelpunkt Europas? Wie wird ein Euro geprägt? Wie steht es um die aktuelle europäische Kunst? Und wie funktioniert das Parlament der Europäischen Union? DB MOBIL hat zehn Orte für Sie herausgesucht, an denen Sie Europa in Deutschland erleben können

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Hadiye Cangökçe
Šejla Kamerić, Liberty, 2015, Acrylglas, LED-Lampen, Metallspieße, 51 × 293 × 20 cm, Courtesy Galerie Tanja Wagner, Berlin, © Šejla Kamerić

Zeitgenössische Kunst zu europäischer Identität

Um die Ausstellung „Diversity United“ möglich zu machen, brauchte es ein extra großes Gelände: Der ehemalige Tempelhofer Flughafen, genauer gesagt dessen Hangars 2 und 3, dienen von Juni bis August (Laufzeit aufgrund der Pandemie kurzfristig verschoben) rund 90 Künstler:innen aus 34 verschiedenen Nationen als Ausstellungsfläche, um dort zeitgenössische europäische Kunst zu zeigen. Unter den Kunstschaffenden sind zum Beispiel der dänische Bildhauer Ólafur Elíasson oder die deutsche Installationskünstlerin Henrike Naumann. Alle Beteiligten beschäftigen sich in ihren Arbeiten mit Themen wie Freiheit und Demokratie, Migration, Identität, Utopie und Angst. Auch die Frage, welche Rolle die Gemeinschaft der europäischen Länder in Zeiten der Globalisierung spielt, haben die Künstler:innen in ihren Werken zu beantworten versucht.

 

Einmal im Europaparlament debattieren

Weniger mit abstrakten Fragen, sondern mit ganz konkreten europapolitischen Problemstellungen beschäftigt sich die 2016 eröffnete Dauerausstellung „Erlebnis Europa“ in Berlin. In einem 360-Grad-Kinosaal lässt sich (annähernd) nachempfinden, wie es ist, einer Sitzung im Europäischen Parlament vor Ort zu folgen. Schulklassen und andere Besuchergruppen haben zudem die Möglichkeit, mit einem Planspiel selbst eine Plenarsitzung zu simulieren. Dafür schlüpfen die Teilnehmer:innen in die Rollen von Abgeordneten und EU-Kommissar:innen fiktiver Parteien, debattieren über Gesetzesvorschläge und stimmen über sie ab.

 

Europäische Freizügigkeit im Themenpark

Hier gab es schon eine einheitliche Währung, als der Euro noch gar nicht eingeführt war: Im „Europa-Park“ in Rust bei Freiburg, dem größten Freizeit- und Themenpark des Kontinents, konnte man schon vor dem Jahr 2002 überall mit dem „Europa-Park-Euro“ bezahlen – egal, ob man sich gerade in „Italien“ oder „Österreich“ aufhielt. Seinem Namen verpflichtet bildet der 1975 eröffnete Park europäische Länder ab. Aber statt den Eiffelturm oder den Big Ben in Pappmaschee nachzubauen, gingen die Eigentümer:innen – die Familie Mack – daran, die jeweiligen Länder mit Fahrgeschäften, Showbühnen sowie typischer Architektur und Gastronomie zu porträtieren. Von einem Land ins andere konnte man im Europa-Park übrigens auch schon immer reisen, ohne einen Pass zeigen zu müssen.

Miniatur Wunderland Hamburg

Europa im Kleinstformat

In fünf Minuten von Venedig nach Amsterdam? Sonnenuntergang über Neuschwanstein und wenig später über dem Matterhorn? Nein, das ist kein Trip in einer Zeitmaschine, sondern einer durch die größte Modelleisenbahnanlage der Welt (laut Guinness-Buch der Rekorde): das Miniatur-Wunderland in Hamburg. Dort dauert Interrail durch Europa theoretisch nur Minuten – meistens aber doch ein paar Stunden. Denn die Mini-Landschaften sind so detailreich, dass man besser einen halben Tag oder länger für den Besuch einplant: Hier kraxelt ein winziger Sportkletterer in den Schweizer Alpen, dort kuschelt ein verliebtes Paar in einer venezianischen Gondel, und auf der Hamburger Reeperbahn ist nicht nur nachts um halb eins gut was los. Wer vom heimischen Sofa aus einen Kurztrip durch Europa machen will, der kann das Miniatur-Wunderland auch bei YouTube bereisen.

2021 ist das Europäische Jahr der Schiene

Zahlreiche Veranstaltungen, viele interessante Aktionen und ein grüner Weg in die Zukunft – dafür steht das „European Year of Rail“, das die Europäische Union 2021 ausgerufen hat. Was dann geplant ist, wie Sie mitmachen können und viele weitere Informationen finden Sie auf den Seiten der Bundesregierung und der Deutschen Bahn.

Wie funktioniert die Europäische Zentralbank?

Wer mehr an harter Währung als an Europa-Park-Spielgeld interessiert ist, sollte einmal die Bundesbank in Frankfurt am Main besuchen. Im dortigen Geldmuseum erfährt man so ziemlich alles, was man schon immer über das Bankwesen und die europäische Währung wissen wollte. Auch komplexe Themen werden dort anschaulich erklärt – zum Beispiel, welche Aufgaben die Europäische Zentralbank hat und wie sie arbeitet. Weil auch dieses Museum zurzeit geschlossen bleiben muss, glänzt die Bundesbank zumindest online mit einer virtuellen Führung durch eine Ausstellung zum Thema Gold.

 

Der Mittelpunkt der Europäischen Union

Alles andere als glänzend, aber ebenfalls ein einzigartiges Symbol für Europa ist ein Acker in Gadheim bei Würzburg. Denn dieser Flecken Erde ist nach dem Austritt von Großbritannien aus der Europäischen Union zum geografischen Mittelpunkt des Staatenbunds avanciert. Ein schlichtes Schild weist darauf hin. Wer’s ganz genau wissen will: Der Mittelpunkt Europas liegt bei 9 Grad, 54 Minuten, 7 Sekunden östlicher Länge und 49 Grad, 50 Minuten, 35 Sekunden nördlicher Breite. Rund 10.000 Besucher:innen aus 39 Ländern haben sich in den vergangenen Jahren bereits in das Buch der Besuchenden eingetragen. Die klugen Gadheimer:innen hatten Europas neuen Mittelpunkt nämlich schon markiert, als der Brexit zwar beschlossen, aber noch nicht vollzogen war.

Museum Europäischer Kulturen; Staatliche Museen zu Berlin
Wer hat den Döner erfunden? Die Daueraustellung „Kulturkontakte. Leben in Europa“ beschäftigt sich mit den Schwerpunkten Migration, Handel, Kultur und Religion in Europa

Kleiner europäischer Kulturquerschnitt

„Kulturkontakte. Leben in Europa“: Auf 700 Quadratmetern zeigt die Dauerausstellung im Museum Europäischer Kulturen in Berlin einen Querschnitt aus ihrem Fundus. Die Exposition beschäftigt sich thematisch mit den Schwerpunkten Migration, Handel, Kultur und Religion in Europa. Gezeigt werden verschiedene Stücke aus den zurückliegenden Jahrhunderten, darunter Transportmittel wie eine venezianische Prachtgondel, aber auch traditionelle Kleidung, Schmuck und Möbel.

 

Über die Grenzen wandern

Dank des Schengener Abkommens, das die Grenzkontrollen zwischen teilnehmenden europäischen Staaten aussetzte, kann man vielerorts ins jeweilige Nachbarland spazieren, ohne dass man die Grenzen überhaupt wahrnimmt. Längst kann man mancherorts aber auch wortwörtlich ins jeweilige Nachbarland wandern – auf einem der zahlreichen Grenzwanderwege, die es inzwischen gibt, zum Beispiel dem Deutsch-Französischen Burgenweg. Auf 33 Kilometern, die man in drei Etappen aufteilen sollte, passiert man dabei im Pfälzer Wald und in den nördlichen Vogesen acht verschiedene Burgruinen. Für den Salzalpensteig braucht man einen deutlich längeren Atem: Er führt über 230 Kilometer und 18 Etappen vom bayerischen Chiemsee ins Salzkammergut in Österreich. Und wer gern im Norden wandert, der sollte unbedingt den 84 Kilometer langen Gendarmenpfad nahe der deutsch-dänischen Grenze und entlang der Ostseeküste auf die Liste seiner Routen setzen.

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Das Purtschellerhaus liegt auf der Grenze zwischen Bayern und dem österreichischen Bundesland Salzburg. Der westliche Teil der Alpenvereinshütte gehört zu Deutschland, der östliche befindet sich in Österreich

Grenzübergreifend übernachten

Zwei Länder, ein Haus: Ein beliebtes Ausflugsziel für Europabegeisterte ist das Purtschellerhaus, das auf der Grenze zwischen Bayern und dem österreichischen Bundesland Salzburg in einer Höhe von 1.692 Metern liegt. Der westliche Teil der Alpenvereinshütte gehört zu Deutschland, der östliche befindet sich in Österreich. Grenzüberschreitend geht es im Hotel Arbez in der Ortschaft La Cure zu: Dort kann man in der Schweiz schlafen und sich das Abendessen in Frankreich servieren lassen, ohne dafür das Haus verlassen zu müssen. Die schweizerisch-französische Landesgrenze durchschneidet (oder verbindet) aber nicht nur den Speisesaal, sondern auch das Bett in der Honeymoon-Suite und einige weitere Gästezimmer.

 

Einmal quer durch Europa radeln

Wer eine echte europäische Herausforderung sucht, der setzt sich aufs Fahrrad und radelt den Europaradweg R1 entlang: 5.100 Kilometer von London nach Moskau, quer durch Europa. Entstanden ist die erste Etappe des paneuropäischen Radwegs in den 1980er-Jahren in Deutschland, als der Leitende Kreisbaudirektor des nordrhein-westfälischen Kreises Höxter, Hans Mussenbrock, seine Idee von einem überörtlichen Radweg verwirklichte und eine 275 Kilometer lange Route von Höxter ins niederländische Zwillbrock projektierte. Nach Verhandlungen mit den niederländischen, belgischen und französischen Nachbarn wurde der Weg gen Westen schnell verlängert. Die Erweiterung nach Osten stagnierte bis zum Mauerfall, dann gewann der R1 auch dort Etappe für Etappe an Länge, bis er schließlich Moskau beziehungsweise das finnische Helsinki erreichte.

 

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