Vom Katzencafé bis zur Teezeremonie

Diese Woche beginnen in Tokio die Olympischen Sommerspiele. Doch die allermeisten werden das Gastgeberland sicher nicht bereisen. Macht nichts, denn wir sagen Ihnen, wo Sie Japan auch in Deutschland erleben können

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Kaffee, Kuchen, Katzen

Obwohl das weltweit erste Katzencafé in Taipeh seine Pfoten … äh, Pforten öffnete, werden diese tierisch-menschlichen Begegnungsstätten mit Japan in Verbindung gebracht. Der Unterschied zu einem ganz normalen Café besteht darin, dass sich im Gastraum mehrere Katzen aufhalten, mit denen die Besucher:innen spielen, schmusen oder niedliche Fotos machen können. Dass sich diese Cafés in Japan so großer Beliebtheit erfreuen, liegt daran, dass viele Japaner:innen sehr kleine Wohnungen und wenig Urlaub haben: zwei Dinge, die dagegen sprechen, eine eigene Katze zu halten. Das erste deutsche Katzencafé wurde 2013 in München eröffnet. Der „Katzentempel“ ist mittlerweile zu einer veganen Restaurantkette geworden – mit fünf weiteren Standorten in Hamburg, Leipzig, Nürnberg, Rosenheim und Regensburg.

Traumgärten und Blütenpracht

 

mauritius images / Rainer Mirau

Sanfte Hügel, kleine Teiche, Bambus und Azaleen, Vögel zwitschern, ein Bach plätschert über glatte Steine, und von den anwesenden Menschen hört man höchstens ein zufriedenes Seufzen. So meditativ geht es in japanischen Gärten zu, von denen es auch in Deutschland viele gibt. In Würzburg zum Beispiel: Die Anlagen dort wurden von einem Architekturbüro der japanischen Partnerstadt Otsu entworfen; einer der Gärten bildet die Landschaft rund um den Biwa-See bei Otsu mit ihren Gebirgen und Flüssen nach. Etwas lauter wird es in einem japanischen Garten nur, wenn Hanami gefeiert wird, die Kirschblüte. Wenn im April oder Mai die Kirschbäume blühen, erstrahlen die ansonsten grünen Gärten für wenige Tage über und über in Rosa.

Little Tokyo in Düsseldorf

In Düsseldorf und Umgebung lebt die größte japanische Gemeinde Deutschlands – rund 8.000 Menschen gehören ihr an. Entstanden ist sie Mitte des 20. Jahrhunderts, als sich viele Unternehmen aus Japan in der NRW-Landeshauptstadt niederließen. Schnell entwickelte sich dort ein Paradies für Foodies und selbst ernannte Otakus, also Liebhaber:innen der Kultur Japans. Die „Bakery My Heart“ bietet japanische Snacks und Backwaren an, wie das Melonpan, ein süßes Brötchen im knusprigen Mürbeteigmantel. Oder Mochi, gedämpfte Küchlein aus Reismehl, die beispielsweise mit Eiscreme gefüllt werden. Auch der würzige Geruch von Shoyu-Ramen, einer herzhaften Nudelsuppe, zieht durch die Immermann- und die Klosterstraße, die Hauptachsen des japanischen Lebens in Düsseldorf. Weniger bekannt, aber genauso lecker wie Sushi: Onigiri, gefüllte Reisbällchen, die in Algenblätter gewickelt werden, sehr gut zum Beispiel bei „Waraku“ in der Immermannstraße. Wer lieber selbst kocht, kann in einem der japanischen Supermärkte Zutaten kaufen: „Dae-Yang“ ist nur einer der vielen Läden, in denen es von Misopaste über Tofu und Ramen bis hin zu Tee und Sake alles gibt, um japanische Spezialitäten selbst zuzubereiten. Und wem dann noch ein Nachtisch fehlt, der findet im „Café Cerisier“ japanische Torten. Guten Appetit! Oder wie der Otaku sagt: Itadakimasu!

Sushi vom Feinsten

Roher Fisch im Reismantel, Meeresfrüchte, Seetang: Die japanische Spezialität Sushi gibt es mittlerweile sogar im Schnellimbiss, beim Lieferservice und in Supermärkten. Aber wo bekommt man richtig gutes Sushi – echt japanisch, zubereitet von Expert:innen? Eine der besten Adressen in Deutschland ist ganz sicher das Münchener Restaurant „Mangostin“, denn dort kocht Mongkol Patprom, der 2015 den deutschen Vorentscheid der Global Sushi Challenge gewonnen hat.
Kleine Sushi-Etikette für Einsteiger:innen: Die Stäbchen sind zum Greifen des Sushis da, nicht zum Aufspießen. Wer den Umgang mit Stäbchen nicht beherrscht, darf aber gern mit den Fingern essen. Den eingelegten Ingwer, der stets zum Sushi gereicht wird, isst man zwischendurch, um die Aromen des letzten Stücks zu neutralisieren. Er erfüllt also dieselbe Funktion wie das Brot bei einer Weinprobe. In die Sojasauce wird nur der Fisch oder das Noriblatt getunkt, nicht aber der Reis, der sonst auseinanderfallen würde.

EKO-Haus der Japanischen Kultur

Für alle, die mehr erfahren möchten über die Lebensweise der Japaner:innen, empfiehlt sich ein Besuch im EKO-Haus in Düsseldorf. Neben Teezeremonien, Meditationsworkshops, buddhistischen Feiern und Sprachkursen finden dort wechselnde Ausstellungen statt: Bis zum 12.09.2021 widmet sich das EKO-Haus den Atombombenabwürfen vor 76 Jahren über Hiroshima und Nagasaki. Ab dem 14.09.2021 thematisiert die Ausstellung „Über Distanzen – Deutsch-japanische Begegnungen“ den wechselseitigen Einfluss beider Kulturen aufeinander. Die Ausstellung ist Teil der Jubiläumsreihe „160 Jahre Freundschaft Japan-Deutschland“.
 

Die Schönheit des Vergänglichen

Auch wenn Sie mit japanischer Kunst vielleicht nicht viel verbinden, „Die große Welle vor Kanagawa“ kennen Sie bestimmt. Dieser Farbholzschnitt des Künstlers Katsushika Hokusai ist ein berühmter Vertreter des sogenannten Ukiyo-e-Stils: „Ukiyo“ bedeutet „vergängliche Welt“ oder „fließende Welt“, „e“ steht für „Bild“. Daher wirken Gemälde, Schnitte und Grafiken dieses Genres wie Momentaufnahmen von vergänglicher Schönheit: Geishas, Held:innen aus Mythen oder Naturmotive wie Wasser oder Pflanzen.
In Europa hat die japanische Kunst ebenfalls Spuren hinterlassen: Van Gogh und Monet ließen sich durch Ukiyo-e inspirieren, auch Musik und Dichtung der Romantik und der Moderne wurden durch das Genre beeinflusst. „Die große Welle vor Kanagawa“ ziert beispielsweise die Erstausgabe der Noten von Debussys „La Mer“.
Der japanische Holzschnittkünstler Tsukioka Yoshitoshi entwickelte aus dieser Tradition heraus einen eigenen fantasievollen Stil. Seine Serie „100 Ansichten des Mondes“ ist vom 17.09.2021 bis zum 09.01.2022 im Museum für Ostasiatische Kunst Köln zu sehen.

Tea Time

„Cha-no-yu [die Teezeremonie], muss man wissen, ist nichts anderes, als Wasser zu erhitzen, Tee zu bereiten und den Tee zu trinken. Mehr nicht.“ So beschreibt Sen no Rikyu, ein Teemeister des 16. Jahrhunderts, die Tradition. Für Europäer:innen muss man allerdings ergänzen, dass eine japanische Teezeremonie ihren Namen nicht zu Unrecht trägt: Das gemeinsame Teetrinken wird zelebriert, regelrecht choreografiert. Es folgt bestimmten Abläufen und Konzepten, die man erst mit der Zeit zu verstehen beginnt. Das wichtigste Merkmal ist dennoch die Einfachheit: Die Teezeremonie macht aus etwas Alltäglichem eine ganz eigene Ästhetik. Wer das selbst erleben oder erlernen möchte, kann eine der japanischen Teeschulen in Deutschland besuchen, etwa in Bremen, Hamburg, Nürnberg oder Freiburg. Einen Überblick gibt es hier.

Comic- und Trickfilmkunst

Wussten Sie, dass Kinderserienklassiker wie „Wickie“, „Biene Maja“ oder „Heidi“ in japanischen Trickfilmstudios produziert wurden? Sie sind also Animes, was japanisch ist und auf Deutsch „Zeichentrickfilme“ heißt. Eng damit verwandt sind Mangas, japanische Comics. Animes und Mangas haben in Deutschland eine große Fangemeinde. Regelmäßig finden Veranstaltungen statt, auf denen sogenannte Cosplayer:innen in die Rollen ihrer gezeichneten Held:innen schlüpfen: Krieger:innen, Prinzessinnen und Prinzen, Elfen oder Pirat:innen. Besonders gute Cosplayer:innen treffen sich auf der „DoKomi“-Convention, bei der jedes Jahr der Vorentscheid für die deutsche und die europäische Cosplay-Meisterschaft ausgetragen wird. 2021 findet sie am 07. und 08.08. in Düsseldorf statt. Wer es dorthin nicht schafft, hat vom 22. bis 24.10. bei der „Manga & Entertainment Expo Berlin“ die Chance, Anime und Manga in Mode, Kunst und viel Bühnenprogramm zu erleben, in diesem Jahr mit den Cosplay-Stars Calypsen und Arwenia.

Und jetzt alle!

Ebenfalls in Japan erfunden: Karaokebars, seit den 1990er-Jahren auch bei uns immer beliebter. Wer Lust hat, mit Freund:innen oder frisch gewonnenen Zufallsbekanntschaften gemeinsam zum Playback des Lieblingssongs ins Mikrofon zu grölen, kann das mittlerweile in vielen Städten Deutschlands tun. Bekannte Karaokebars sind das „Lime Light“ in Düsseldorf, die „Melody Karaoke Box“ in Frankfurt, das kultige „Monster Ronson’s Ichiban Karaoke“ in Berlin-Friedrichshain und die nicht minder kultige „Thai Oase“ in Hamburg-St. Pauli.

Das Glück der 1.000 Kraniche

mauritius images / Raimund Linke

Der Kranich ist in Japan ein Symbol für Glück und ein langes Leben. Wer aus Origami-Papier 1.000 Kraniche faltet, dem ist folgerichtig ein langes glückliches Leben beschert, so heißt es. Bei „Origamiya“ in Bremen kann man die Kunst des Papierfaltens erlernen.
Wer die fliegenden Glückssymbole in großer Zahl lieber in freier Wildbahn beobachten möchte, anstatt sie zu falten, kann das besonders gut ab Ende September tun. Dann lassen sich vor allem im Norden Deutschlands Tausende Paare des hier heimischen Grauen Kranichs blicken, die nach Frankreich, Spanien oder in verschiedene Regionen Afrikas fliegen. Im „Kranorama“ am Günzer See gibt’s Infos und Exkursionen zur Beobachtung der Vögel.

Was Pauschaltourist:innen aus Japan nach Deutschland zieht


Die deutsche Kultur wird in Japan sehr geschätzt. Japanische Reiseagenturen bieten regelmäßig organisierte Fahrten nach Deutschland an. Im Zentrum stehen dabei aber nicht die Großstädte, sondern vor allem die „Romantische Straße“ mit Rothenburg ob der Tauber, Würzburg und Dinkelsbühl mit ihrem typischen Kleinstadtcharme, dicken Stadtmauern und Fachwerkhäusern – und dem absoluten Tourist:innen-Highlight Schloss Neuschwanstein.
Die Romantische Straße prägt das Bild Deutschlands im Ausland übrigens so sehr, dass in Brasilien, Japan, Korea und Taiwan Themenstraßen nach diesem Vorbild eingerichtet wurden.

Kunst und Design aus Japan

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Shodo, der „Weg des Schreibens“, ist der Name für die kunstvolle japanische Kalligrafie, deren Handwerk vom Material über die Abfolge der Striche fest vorgegeben ist. Die „School of Shodo“ in Freiburg veranstaltet regelmäßig Workshops und Vorführungen.
Die „Japandult“, die am 22.08.2021 in München stattfindet, bietet Essen, Kunst und Mode aus Japan. Und wer noch mehr stöbern möchte zu Design und Textilien, wird besonders in Berlin fündig: „ITO Yarn“ bietet japanische Stoffe und Garne an, und bei „Ypsilon“ gibt es asiatisches Kunsthandwerk mit Fokus auf Japan. In München empfiehlt sich ein Besuch bei „Japanalia“, einem Laden, der traditionelle japanische Möbel, aber auch Porzellan und Kalligrafiezubehör anbietet.

Etwas trinken gehen auf Japanisch

Nach Ramen und Onigiri ist der Abend noch jung? Einen stilechten Absacker nehmen Sie am besten in einem sogenannten Izakaya. Der Name kann übersetzt werden mit „Sake-Geschäft zum Verweilen“; „Kneipe“ trifft es aber auch ganz gut. Ein paar kleine Unterschiede gibt es trotzdem: Zumindest eine kleine Mahlzeit, Tsumami genannt, ist obligatorisch, wenn Alkohol getrunken wird, und im Normalfall gibt es nur Sitz- und kaum Stehplätze. Das Essen und Trinken wird in mehreren Runden geordert, und wenn Sie in der meist beachtlichen Geräuschkulisse das Personal auf sich aufmerksam machen wollen, können Sie „Sumimasen“ rufen – die erste und die letzte Silbe werden dabei betont. Dieses Wort lässt sich nicht direkt übersetzen, bedeutet aber so viel wie ein sehr höflich ausgesprochenes „Entschuldigung“ oder „Danke schön“. In klassischen Izakayas ist es übrigens nur schwerlich möglich, die Rechnung zu trennen, weil die Runden von Essen und Getränken immer pro Tisch berechnet werden.
Das „Tatami Izakaya“ im Französischen Viertel Tübingens bietet japanisches Fingerfood, Suppen und Getränke von Sake bis Shochu. Falls Sie selbst eine Feier mit japanischem Flair ausrichten wollen, können Sie die Räumlichkeiten auch mieten, inklusive Platz für eine Band. Außerdem werden hier Kochkurse und Tastings angeboten.

Bäume für die Fensterbank

Zur japanischen Gartenkunst gehören auch Pflanzen, die im Freien leicht zu übersehen sind: Mini-Bäume und -Sträucher, Bonsais genannt. Teil dieser kleinen Kunstwerke ist immer auch ihre aufwendige Präsentation in einer Schale mit Steinen oder Kies. Besonders schöne Bonsais lassen sich im Japanischen Bonsaigarten in Ferch am Schwielowsee in Brandenburg besichtigen. Wer dabei Lust bekommt, sich selbst an der Pflege eines Bonsais zu versuchen, kann im Bonsai-Zentrum in Ascheberg im Münsterland einen Workshop dazu belegen. Außerdem im Angebot sind Kurse im Ikebana, der traditionellen japanischen Kunst des Blumensteckens. Kompositionen des Ikebana-Bundesverbandes können Sie auch bei den Hallenschauen der Bundesgartenschau in Erfurt vom 07. bis zum 15.08.2021 bewundern.

Bonsai-Ausbildung

Wer „Anerkannte:r Bonsaigestalter:in“ werden möchte und es nicht allzu eilig hat, kann sich an die International Bonsai School Düsseldorf wenden. In einem Zeitraum von sechs Jahren lernen die Teilnehmenden an drei Wochenenden pro Jahr alles zur Pflege, Präsentation und Gestaltung von Bonsailandschaften, zur Schädlingsbekämpfung und zur Auswahl der richtigen Schale.

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